Eine Frau mit kurzem Haar und einem freundlichen Lächeln steht in einem Labor. Sie trägt einen weissen Laborkittel über einem dunkelgrauen Shirt. Im Hintergrund sind Laborgeräte und Regale mit wissenschaftlichen Utensilien zu sehen. Sie hat eine entspannte Haltung und lächelt. . Das Laborlicht beleuchtet die Szene gleichmässig, wodurch die professionelle Umgebung hervorgehoben wird.

«Wir können die Probleme nicht in die Zukunft verlagern»


Carmen Zwahlen von der Uni Bern erklärt, warum sie «grosses Glück» hat, dass sie ihren Job ausüben darf.

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Bei den neun Tiefbohrungen und der anschliessenden Analyse der Bohrkerne kann die Nagra auf viel Know-how aus dem In- und Ausland zählen. Wir stellen hier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor, die mit Ihrer Expertise zum Gelingen des Jahrhundertprojekts Tiefenlager beitragen. Heute ist die Reihe an:

Carmen Zwahlen, Geochemikerin Uni Bern
Seit drei Jahren arbeitet Carmen Zwahlen als Post-doc an der Universität Bern. Sie studierte Geologie an der ETH Zürich, doktorierte anschliessend in England zu Gas-Wasser-Gesteins-Interaktionen. Danach beschäftigte sie sich in Schweden mit Grundwasserproben, bevor sie in die Schweiz zurückkehrte und an die Uni Bern wechselte. Dort befasst sie sich mit Fragestellungen rund um das Porenwasser in Gesteinen und dessen chemischer Zusammensetzung. Daraus lässt sich die Geschichte des Grundwassers ableiten.

 

 

 

Was untersuchen Sie genau bei Ihnen im Labor?
Wir untersuchen das Porenwasser, also das Wasser im Gestein. Wir stellen fest, welche chemische Zusammensetzung dieses Wasser hat. Auch die Geschichte des Grundwassers und wie es sich entwickelt, wird von uns untersucht. Diese Arbeit ist ein Kernstück für die Nagra, denn darauf basiert die Sicherheitsanalyse.

 

Bohrkerne aus Gestein analysieren tönt für einen Laien eher trocken. Wie muss man sich das vorstellen?
Es gibt viele verschiedene Methoden. Auf dem Bohrplatz wurden die Bohrkerne sogleich vakuumiert, damit nichts verdunstet. Danach machen wir verschiedene Experimente im Labor. Man schlägt den Rand der Bohrkerne ab, weil dort das Wasser schon verdunstet ist und die Bohrspühlung das Porenwasser verändert hat, innendrin ist das Porenwasser im ursprünglichen Zustand vorhanden.

Es gibt auch aufwändigere Methoden: Man kann künstliches Wasser in den Bohrkern pressen, das Porenwasser wird dadurch rausgedrückt und wir können es messen. Man kann auch mit einer Presse den Bohrkern so stark zusammendrücken dass das Porenwasser rausfliesst. Ein paar Kerne haben wir zu diesem Zweck nach Japan geschickt. Die Japaner haben eine spezielle Presse, die genau dazu in der Lage ist.

 

Von wieviel Wasser spricht man da?
Der Opalinuston hat einen Wassergehalt von rund viereinhalb Prozent. In einem Bohrkern von 8 Zentimeter Länge sind das dann rund 50 Milliliter. Tongesteine enthalten eher viel Wasser, kalkige Gesteine deutlich weniger.

 

Was fasziniert Sie besonders an dieser Arbeit?
Ich forsche sehr gerne an gesellschaftsrelevanten Fragestellungen. Motivierend ist hier, dass wir in einem Team mit zwölf Personen arbeiten und die Datenfülle sehr gross ist. Beides ist nicht selbstverständlich. Ich habe deshalb grosses Glück, dass ich diesen Job machen darf. Man muss spezifisch qualifiziert und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, denn es gibt nur wenige Jobs wie diesen. In der Schweiz sind wir sogar die einzige Gruppe, die sich mit diesem Thema beschäftigt.

«Ich habe grosses Glück, dass ich diesen Job machen darf.»


Carmen Zwahlen, Geochemikerin an der Uni Bern

Spüren Sie denn in Ihrem Alltag etwas von dieser gesellschaftsrelevanten Fragestellung?
Ja, denn ich wurde auch im privaten Umfeld schon oft gefragt, ob man denn überhaupt genug Informationen habe für einen Standortvorschlag. Ich sage dann immer: Viele der Personen, die beschlossen haben, die Kernkraft einzuführen, leben gar nicht mehr. Wir gehören zu den letzten Generationen, die noch von dieser Form der Energie profitieren. Die die nach uns kommen, haben nur noch die Hinterlassenschaft. Und die lagert derzeit an der Oberfläche. Deshalb können wir diese Probleme nicht über unsere Nachkommen hinaus in die Zukunft verlagern.

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