Nachher ist wie vorher, nur nachher. Damit ist schon das Wichtigste zum Rückbau gesagt. Dieser umfasst die Demontage der Infrastruktur und die Wiederherstellung des natürlichen Lebensraums.
Ein Tal, eine grüne Wiese, gesäumt von Wald, in der Nähe von Bülach. Nur die in die Jahre gekommene ehemalige Fabrikanlage wirkt wie ein Fremdkörper in der Idylle. Sie stand hier bereits, bevor das Tal als Landwirtschaftszone in den 1970ern ausgewiesen wurde.
Auf den ersten und zweiten Blick deutet nichts darauf hin, dass sich hier eine grössere Baustelle, geschweige denn der Bohrplatz «Bülach-1» befand. Erst auf den dritten Blick bemerkt man die Zufahrt zum sogenannten Bohrkeller.
In diesem Tal standen Baumaschinen, Bagger, ein Bohrturm und Container für die Menschen, die hier arbeiteten. Es gab einen Materiallagerplatz und Raum für LKW und andere Fahrzeuge. Eine Schallschutzwand senkte die Geräuschemissionen unter die strengen Grenzwerte. Nur weil man keine Nachbarn sieht, bedeutet das nicht, dass es keine gibt.
Bodenschutz ist aufwändig
Boden- und Umweltschutz spielen beim Jahrhundertprojekt Tiefenlager eine zentrale Rolle. Bei den Tiefbohrkampagnen zur Untersuchung des Untergrunds der Nordostschweiz genauso, wie später bei der Planung und dem Bau des Tiefenlagers.
«Man muss dem Boden besonders Sorge tragen», erklärt Jürg Neidhardt. Er ist Senior Project Manager bei der Nagra und verantwortlich für den Rückbau aller Bohrplätze. Landwirtschaftszonen sind in der Schweiz geschützt. Die Erde, die im Juni 2023 den Klee spriessen lässt, ist dieselbe, die 2017 vor Beginn der Arbeiten in diesem Tal kultiviert wurde. Wie ist das möglich?
«Der Schutz des Humus ist äusserst aufwändig», erklärt Neidhardt, «ein einziger Bagger trägt Streifen um Streifen die oberste Erdschicht ab. Sie ist die wertvollste: Sie enthält die meisten Nährstoffe und der Boden ist am lockersten.» Damit das Gewicht des Baggers das kostbare Erdreich nicht beschädigt, steht und fährt der Bagger auf sogenannten «Baggermatratzen» aus Holz. So verteilt sich der Druck auf einer grösseren Fläche. Um sich vorwärtszubewegen, nimmt der Baggerführer eine Matte hinter sich auf, und positioniert sie dort, wo er hinfahren will.
Die abgetragene Erde wird zu einem Depot aufgehäuft und begrünt. Die spezielle Saat für die Begrünung schützt den Boden und hält ihn locker und fruchtbar. Nach dem kompletten Rückbau des Bohrplatzes wird die gesammelte Erdschicht wieder auf dem Platz verteilt und nach genauen Vorgaben bepflanzt.
Noch bevor der erste Spatenstich erfolgt, der erste Bagger auffährt und der erste Baucontainer aufgestellt wird, wird alles getan, damit sich nach Abschluss der Arbeiten die Natur genau so zeigt, wie vor Beginn. So, als sei sie ein unberührter Flecken.
Das gilt nicht nur für den Boden, sondern auch für die Tierwelt und sogar die Topografie, also die Geländeform. Damit das gelingt, benötigt man einen komplexen Plan und die entsprechenden Bewilligungen. Jürg Neidhardt hat dieses Vorhaben mit einem Team von ExpertInnen entwickelt und erfolgreich umgesetzt. Die Behörden prüften die Einhaltung von insgesamt 110 Auflagen.
Neidhardt betont: «Die Planungsphase ist für den Rückbau entscheidend. Hier werden alle erforderlichen Schritte festgelegt, um mögliche Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren.» Fachleute überwachen den Prozess und stellen sicher, dass beim Bau und Betrieb alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Dabei stehen Umweltschutz und Nachhaltigkeit im Fokus.
3D-Modell trifft Realität
Die Phasen des Auf- und Abbaus des Bohrplatzes wurde vorab von der Nagra mit einem 3D-Modell simuliert. Die Gegenüberstellung dieses Modells mit der Realität zeigt rückblickend eindrücklich die Annäherung von Theorie und Praxis.
Während des Betriebs des Bohrplatzes werden alle Aktivitäten streng überwacht. Lärmschutzwände und eine spezielle Beleuchtung helfen, gesetzlichen Vorgaben einzuhalten – und im günstigsten Fall: sogar zu unterschreiten.
Jürg Neidhardt bringt es so auf den Punkt: «Wir hinterlassen das Gelände so gut, wie wir es vorgefunden haben – manchmal sogar etwas besser.»
Nachher ist wie vorher. Für den ehemaligen Bohrplatz bedeutet das: Ein Tal, eine grüne Wiese, gesäumt von Wald, in der Nähe von Bülach.
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