Sommaruga: «Sachlichkeit hat mich tief beeindruckt»
Sie wolle zuhören, sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Montagabend in Zweidlen-Glattfelden. Dort lud das Bundesamt für Energie zur Informationsveranstaltung rund um das Tiefenlager für radioaktive Abfälle. Das Interesse war riesig.
Der Saal im Hotel Riverside in Zweidlen-Glattfelden füllte sich rasch. Die letzten Gäste mussten sich mit einem Stehplatz begnügen, derart gross war das Interesse. Rund zwei Kilometer südlich des Riverside soll in rund zehn Jahren die Oberflächenanlage des Tiefenlagers entstehen. Von dort aus werden die radioaktiven Abfälle in den Untergrund gebracht.
«Es ist ein Problem», eröffnete Bundesrätin Simonetta Sommaruga ihr Referat und meinte damit ebendiese radioaktiven Abfälle. «Es wird uns auch in Zukunft noch betreffen.» Zwar werde das Dossier erst gegen Ende des Jahrzehnts auf dem Tisch des Bundesrats landen. «Trotzdem ist es wichtig, dass ich schon heute hier bin», sagte Sommaruga. «Ich will zuhören», gab sie dem Publikum und damit der ganzen Region zu verstehen.
«Keine Probleme hinterlassen»
Man habe in den letzten Jahren intensiv gearbeitet, so Sommaruga. «Es geht in erster Linie darum, das sicherste Lager zu bauen und dieser Vorschlag wird auf wissenschaftlichen Kriterien beruhen.» Dass der Gemeindepräsident von Stadel, Dieter Schaltegger, grossen Respekt vor der Aufgabe habe, könne sie sehr gut nachvollziehen, so die Bundesrätin. «Schliesslich war ich in meiner Wohngemeinde Köniz auch Gemeinderätin.»
Es sei die Aufgabe der Politik, «dass wir jetzt alles dafür tun, damit wir den kommenden Generationen keine Probleme hinterlassen.»
Währenddessen sammelten Mitarbeitende vom BFE gelbe und grüne Zettel aus dem Publikum ein. Grün waren Fragekarten, gelb Meinungskarten. Diese wurden am Ende der Veranstaltung vorgelesen und Vertreter vom BFE, dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI und der Nagra standen Red und Antwort. Dabei brandete ab und an Applaus bei den Meinungskarten auf, manchmal ging auch ein Raunen durch die Menge. Die Fragen waren vielfältig und teilweise auch technisch. Am meisten interessierten Themen im Zusammenhang mit der Sicherheit wie Transporte, Grundwasser und Erdbebensicherheit. Aber auch die Abgeltungen wurden mehrere Male angesprochen.
«Sicherheit entsteht durch Zusammenarbeit»
Nach Sommaruga war die Reihe an Nagra-CEO Matthias Braun. Er erklärte, warum die Opalinustonschicht in Nördlich Lägern so gut geeignet ist. Und: «Wir hatten ein grosses Echo auf unseren Standortvorschlag.» Unter anderem auch aus dem Infopavillon in Windlach. Dort konnten Fragen aufgeschrieben werden. Braun las einige vor und beantwortete die Fragen.
Er führte beispielsweise aus, dass am vorgesehenen Standort zunächst ein Labor und anschliessend ein Testlager gebaut werde. Denn die Nagra müsse den Beweis erbringen, dass die sichere Einlagerung des Atommülls möglich sei. Erst dann könne das eigentliche Lager gebaut werden.
An die Region gerichtet sagte Braun: «Sicherheit entsteht durch Zusammenarbeit. Diese Zusammenarbeit wollen wir weiterführen. Denn nun wird es regionaler und die Diskussionen konkreter. Ich freue mich auf diese Zusammenarbeit. Wir werden dieses Projekt aber auch mit grossem Respekt weiterführen.»
Keine Freude, aber umso grösseren Respekt vor der Aufgabe hat der Stadler Gemeindepräsident Dieter Schaltegger. «Wir hoffen, dass man in Zukunft nicht vergisst, welche Aufgabe wir für die Schweiz übernehmen», mahnte er. Zudem gab sich Schaltegger kämpferisch: «Wir werden nicht lockerlassen, wir werden auch Forderungen stellen.» Und er betonte, dass von den Infrastrukturgemeinden nun «Kraft, Mut und Zusammenhalt» gefordert sei.
Bewunderung für Schaltegger
Die Regierungsräte Martin Neukom (Kanton Zürich), Stephan Attiger (Aargau) und Walter Vogelsanger (Schaffhausen) sowie der Landrat des Landkreises Waldshut, Dr. Martin Kistler, gaben anschliessend ihre Einschätzungen der aktuellen Lage ab. Während insbesondere die Regierungsräte darauf verwiesen, dass auch ihre Experten zur Einschätzung kamen, dass Nördlich Lägern am geeignetsten sei und sie der Vorschlag der Nagra daher nicht überrascht habe, liess vor allem die Aussage von Landrat Dr. Martin Kistler aufhorchen als er sagte: «Wir brauchen das Geld nicht und wir brauchen die Anlage nicht. Aber wenn die Anlage dahin kommt, dann wollen wir mitwirken.»
Zudem würdigte auch er Dieter Schaltegger: «Ich bewundere ihn für alles, was er seit dem 12. September geleistet hat.»
«Sich den Fragen stellen»
Das Schlussvotum gehörte standesgemäss der Bundesrätin. Und gerade von den Fragen aus dem Publikum zeigte sich Sommaruga tief beeindruckt. Diese Fragen seien nun auch sehr wichtig: «Vertrauen schaffen, sich den Fragen stellen», riet sie allen Anwesenden. Und noch etwas beeindruckte die Bundesrätin, denn sie sagte: «Wenn wir in diesem Geist und in dieser Sachlichkeit – diese Sachlichkeit hat mich tief beeindruckt – weitermachen, dann können wir dieses Problem lösen.»
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