Nördlich Lägern – das Standortgebiet für das geologische Tiefenlager der Schweiz
Die Schweiz entsorgt ihre radioaktiven Abfälle zukünftig in einem geologischen Tiefenlager. Dieses besteht aus Anlagen im Untergrund und an der Erdoberfläche. Wo das Lager gebaut werden kann, hängt von der Geologie ab. Der Atommüll wird langfristig sicher in mehreren Hundert Metern Tiefe in Gesteinsschichten eingeschlossen. Die wichtigsten Gesteine sind der Opalinuston und die darüber- und darunterliegenden tonhaltigen Gesteinsschichten. Sie kommen auch in Nördlich Lägern vor und besitzen dort vorteilhafte Eigenschaften.
Nördlich Lägern wurde als eines der möglichen Standortgebiete seit 2008 im Rahmen des Sachplans geologische Tiefenlager des Bundes gründlich untersucht. Wir kennen nun die Eigenschaften der Gesteine und das vorhandene Platzangebot für ein Lager. Bei der Platzierung der Anlagen an der Erdoberfläche arbeiten wir mit der Region zusammen.
Überblick: Wie würde ein Tiefenlager in Nördlich Lägern aussehen?
Für das Standortgebiet Nördlich Lägern, das nordwestlich von Bülach liegt, haben wir ein auf die Region angepasstes Lagerprojekt entwickelt. Sowohl Erkenntnisse zur Geologie als auch Ergebnisse der Zusammenarbeit mit der Region sind darin eingeflossen.
Das geologische Standortgebiet beschreibt den Gesteinsbereich im Untergrund, der sich für die Lagerung radioaktiver Abfälle eignet. Mit dem Lager werden Bereiche gemieden, die eine gestörte Geologie aufweisen. Durch Untersuchungen des Untergrundes (insbesondere mit 3D-Seismik) können solche Störungszonen aufgespürt werden. Der prioritäre Untersuchungsperimeter umfasst den besten Teil des Gesteinsbereichs, der die Lagerkammern mit den Abfällen aufnehmen kann. Er wurde deswegen näher untersucht. Im Haupterschliessungsbereich enden die Zugänge von der Erdoberfläche und er bietet Zugang zu den Lagerkammern.
An der Erdoberfläche liegen die Nebenzugangsanlagen. Die Nebenzugangsanlage Lüftung liegt innerhalb des blauen Perimeters und versorgt den unterirdischen Teil des Tiefenlagers mit Frischluft. Die Nebenzugangsanlage-Betrieb dient dem Transport von Baumaterial und Personen sowie der Versorgung mit Energie und Wasser. Wie die Oberflächenanlage – am Standort NL-2 oder NL-6 – gehören auch die Nebenzugangsanlagen zur Oberflächeninfrastruktur des Tiefenlagers. In der Oberflächenanlage werden die Abfälle für die Einlagerung vorbereitet und in die Tiefe transportiert. Bei einer Oberflächenanlage am Standort NL-6 könnten die Frischluftversorgung und der Betriebszugang in einer einzigen Nebenzugangsanlage NL-BL1 vereint werden.
Detailinformationen zum Projekt in Nördlich Lägern
Broschüre «Oberflächeninfrastruktur für geologische Tiefenlagerung – Vorschläge zur Konkretisierung» (Nagra)
Arbeitsbericht NAB 19-08: «Sachplan geologische Tiefenlager Etappe 3: Vorschläge zur Konkretisierung der Elemente der Oberflächeninfrastruktur der geologischen Tiefenlager – Teil 1: Einführung und Grundlagen» (Nagra)
Arbeitsbericht NAB 19-08: «Teil 2: Standortspezifische Vorschläge» (Nagra)
Aktueller Wissensstand: Erkenntnisse zu einem umfassenden Gesamtbild ergänzt
Mit zahlreichen Untersuchungsmethoden haben wir den geologischen Untergrund von Nördlich Lägern erkundet und charakterisiert. Dazu gehören Seismik, Quartäruntersuchungen und Tiefbohrungen.
Mit 3D-seismischen Messungen konnten wir den Untergrund von Nördlich Lägern im Winter 2016/17 über ein grosses Gebiet durchleuchten. Dies ist vergleichbar mit einem Ultraschallbild beim Arzt oder einem Echolot auf Schiffen. So haben wir mit der Seismik wertvolle Informationen zum Aufbau der Gesteinsschichten erhalten. Zudem konnten wir Störungszonen erkennen und das Platzangebot für ein Tiefenlager einschätzen.
In Nördlich Lägern haben wir fünf Tiefbohrungen durchgeführt: Bachs (2021), Stadel-2 (2021), Stadel-3 (2020/21), Bülach (2019) und Weiach (1983). Diese reichten in mehrere hundert Meter Tiefe, bis weit unterhalb des Opalinustons, welcher die Abfälle aufnehmen kann. Mit diesen Bohrungen konnten wir Gesteinsproben aus den verschiedenen Schichten sammeln und deren Eigenschaften bestimmen. Untersuchungen ergaben, dass der Opalinuston, aber auch die darunter- und darüberliegenden Gesteinsschichten, sehr dicht sind. Ebenfalls zeigen uns die Tiefbohrungen, in welcher Tiefe die einzelnen Schichten liegen.
Damit das Tiefenlager langfristige Sicherheit bieten kann, müssen die Lagerkammern mit den Abfällen genügend tief im Untergrund liegen. So ist das Lager vor Erosion durch Flüsse und Gletscher geschützt. Die Erosion hat auch im Standortgebiet Nördlich Lägern Spuren hinterlassen. Gletscher haben tiefe Rinnen in die Landschaft gekerbt und werden auch zukünftig wieder vorstossen. Um mehr über das Wirken der Gletscher und Flüsse zu erfahren und Szenarien für die Zukunft zu erstellen, haben wir Quartäruntersuchungen durchgeführt. Mit diesen konnten wir die oberste Gesteinsschicht unter dem Erdboden – und damit die jüngste Erdgeschichte – untersuchen. Zu den Quartäruntersuchungen gehören vor allem Quartärbohrungen, die von wenigen Dutzend Meter bis zu rund dreihundert Meter in die Tiefe reichen. Im Jahr 2019 haben wir die Bohrung Hochfelden-Strassberg durchgeführt.
Mit den jüngsten Untersuchungen haben wir die bereits bestehenden Kenntnisse über den geologischen Untergrund in Nördlich Lägern ergänzt und vervollständigt. Mit dem Abschluss der Tiefbohrung Bachs liegt ein umfassendes Bild des geologischen Untergrunds vor. Die Kenntnisse des Untergrundes haben es uns ermöglicht, das Lagerprojekt für Nördlich Lägern zu entwickeln. Auch die beiden möglichen Standortgebiete Jura Ost und Zürich Nordost haben wir gründlich untersucht. So konnten wir alle drei Gebiete objektiv miteinander vergleichen.
Zusammenarbeit beim Standort der Oberflächeninfrastruktur
Wo werden dereinst die Gebäude an der Erdoberfläche und Zugänge für ein geologisches Tiefenlager gebaut? Diese Fragen klärt die Nagra gemeinsam mit den Standortregionen. Unsere Ansprechpartner sind die Regionalkonferenz Nördlich Lägern, die Kantone Zürich und Aargau sowie Vertreter aus Deutschland. Diese können zu den Vorschlägen Stellung nehmen, die wir als Arbeitsgrundlage und Diskussionsbasis veröffentlichen. Mit einer frühzeitigen Zusammenarbeit stellt das verantwortliche Bundesamt für Energie sicher, dass die Bedürfnisse der Standortregion Nördlich Lägern bestmöglich berücksichtigt werden.
Websites der Regionenvertreter
2019 haben wir für die Region Nördlich Lägern konkrete Vorschläge veröffentlicht, wie die Oberflächeninfrastruktur dort aussehen könnte. Die Vorschläge bauen auf der bisherigen Zusammenarbeit mit der Region auf. Gemeinsam mit den anderen Standortregionen wurde auch der Standort der Brennelementverpackungsanlage diskutiert. Die Regionalkonferenz Nördlich Lägern, die Kantone Zürich und Aargau sowie Vertreter aus Deutschland haben sich intensiv mit der Platzierung der Oberflächeninfrastruktur auseinandergesetzt und ihre Stellungnahmen abgegeben. Diese bilden für uns eine Basis für die weiteren Arbeiten zur Konkretisierung der Oberflächeninfrastruktur im Hinblick auf das Rahmenbewilligungsgesuch.
Stellungnahmen der Regionalkonferenz Nördlich Lägern und der Kantone Zürich und Aargau
Stellungnahme der Regionalkonferenz zur Oberflächeninfrastruktur
Medienmitteilung zur Stellungnahme des Kantons Zürich zur Oberflächeninfrastruktur
Medienmitteilung zur Stellungnahme des Kantons Aargau zur Oberflächeninfrastruktur
Gemeinsame Erklärung zur Standortfrage der Brennelement-Verpackungsanlage
Weiteres Vorgehen
Für dieses Gebiet werden wir 2024 ein sogenanntes Rahmenbewilligungsgesuch einreichen. Diese Arbeiten machen wir im Rahmen des Sachplans geologische Tiefenlager gemäss Vorgaben der Bundesbehörden. Damit schaffen wir die Entscheidungsgrundlage für den Bundesrat. Dieser wird den Standortentscheid circa 2029 fällen und der Bundesversammlung circa 2030 zur Genehmigung unterbreiten. Steht der definitive Standort fest, planen und bauen wir dort das Tiefenlager.
Haben Sie Fragen zum Standortgebiet Nördlich Lägern?
Lukas Oesch ist unsere Ansprechperson für Ihre Fragen und Anliegen.