Technical Report NTB 09-05

Critical Review of Welding Technology for Canisters for Disposal of Spent Fuel and High Level Waste

Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, Nagra, ist verantwortlich für die Entsorgung aller Typen radioaktiver Abfälle, die in der Schweiz anfallen. Als Teil ihrer langfristigen Entsorgungsstrategie plant die Nagra zwei geologische Tiefenlager: Ein Lager für verbrauchte Brennelemente (BE), verglaste hochaktive Abfälle (HAA) und lanlebige mittelaktive Abfälle (LMA) und eines für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA). Innerhalb der nächsten 10 Jahre beabsichtigt die Nagra, die Erteilung der Rahmenbewilligungen für beide Tiefenlager zu beantragen. Für das Rahmenbewilligungsverfahren muss aufgezeigt werden, dass die Langzeitsicherheit gewährleistet werden kann und dass alle wichtigen Vorgaben und Randbedingungen für den Bau, Betrieb und Verschluss der Tiefenlager berücksichtigt wurden. Die Nagra hat TWI beauftragt, einen Bericht zur Review von Schweisstechnologien für die Herstellung und den Verschluss von HAA- und BE-Behältern aus Kohlenstoffstahl, einem der bevorzugten untersuchten Werkstoffe zu verfassen. Die Informationen in diesem Bericht werden durch einen bereits erstellten Bericht zur Werkstoffauswahl ergänzt. Der vorliegende Bericht liefert einen ersten Input für die Entwicklung von Auslegungskonzepten für BE- und HAA-Behälter aus Kohlenstoffstahl.

Zielsetzung

Die Zielsetzung dieses Berichts war eine kritische Bewertung aller verfügbaren Schweisstechnologien für die Herstellung und den Verschluss von Lagerbehältern für BE und HAA aus Kohlenstoffstahl, die in einem Tiefenlager entsorgt werden sollen. Die Review diskutiert die folgenden wichtigen Aspekte:

  • Eignung von Schweisstechnologien für die geforderte Behälterwandstärke.
  • Eignung für die fernbediente Anwendung (Durchführung, Wartung und Einrichten).
  • Vor- und Nachteile jedes Verfahrens in Bezug auf Schweissgeschwindigkeit, Schweissqualität, Toleranzen und Kosten.
  • Auswirkung des Schweissprozesses auf die Werkstoffeigenschaften einschliesslich der Mikrostruktur-Korrosionsbeständigkeit, Verformung und Eigenspannung.
  • Möglichkeiten zur Nachbehandlung der Schweissverbindungen im Hinblick auf die Reduktion von Eigenspannungen und Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit.
  • Eignung von Methoden zur zerstörungsfreien Prüfung für die geforderte Wandstärke bei fernbedienter Anwendung unter Berücksichtigung der geforderten Genauigkeit.
  • Auswirkung der verschiedenen Schweisstechniken auf die Behälterauslegung und die Werkstoffauswahl.
  • Die Beurteilung von zukünftigen Technologien, die für den Anwendungsbereich geeignet sein könnten.

Ausgeführte Arbeiten

Die Bewertung von möglichen Schweisstechnologien begann mit einer Machbarkeitsstudie, die von Experten des TWI für die verschiedenen relevanten Verfahren durchgeführt wurde. Bestimmte Machbarkeitskriterien dienten als Grundlage, um für den Anwendungsbereich der Nagra offensichtlich nicht geeignete Verfahren auszuschliessen. Daraufhin erfolgte eine Recherche in Form einer Literaturstudie.

Diese umfasste alle verbleibenden Verfahren und konzentrierte sich auf die Beurteilung bisheriger Anwendungsbereiche für den vorgeschlagenen Werkstoff und die erforderliche Wandstärke und berücksichtigte auch sicherheitskritische Anwendungen, wie sie in der Kern- und Druckbehälterindustrie angewandt werden.

Sobald die relevanten Informationen beschafft waren, wurde jedes Verfahren individuell von einem Ingenieur des TWI mit entsprechendem Fachwissen und Erfahrung überprüft. Diese Informationen wurden an einer Fachsitzung verwendet, um die Vor- und Nachteile jedes Verfahrens abzuwägen und zu entscheiden, welches die am ehesten für den Anwendungsbereich der Nagra in Frage kommenden Schweissverfahren sind. Diese wurden dann weiter überprüft im Hinblick auf die voraussichtlichen metallurgischen Auswirkungen und auf mögliche zerstörungsfreie Prüfungstechniken.

Schlussfolgerungen

  1. Basierend auf der verfügbaren Literatur, der Erfahrung des TWI und die durch die Nagra festgelegten Anforderungen bieten sich zwei Verfahren an:
    a) Wolfram-Inertgasschweissen ('narrow gap tungsten inert gas welding' NG-GTAW).
    b) Elektronenstrahlschweissen ('electron beam welding' EBW).
  2. Eine Entscheidung bezüglich der für die Nagra relevanten Schweissverfahren sowie Nachbehandlungen kann voraussichtlich getroffen werden, wenn die detaillierten Abnahmekriterien für die Ausführung der Schweissverbindung festgelegt wurden.
  3. Beide Schweisstechniken (NG-GTAW und EBW) sind nachweislich geeignet für die erforderlichen Behälterwandstärken von 60 – 150 mm.
  4. Die Arbeitsgeschwindigkeit und typische Nahtgrösse wurden erörtert und es ist wahrscheinlich, dass das EBW-Verfahren effizienter ist als NG-GTAW; mit dem NG-GTAW-Verfahren benötigt die Herstellung einer Schweissnaht etwa 24 Stunden.
  5. Beide Verfahren sind für die fernbediente Anwendung geeignet und wurden basierend auf ihrer Zuverlässigkeit und Wiederholbarkeit ohne Eingreifen durch das Bedienungspersonal ausgewählt. Wahrscheinlich wird die Entwicklung der Überwachungsprozesse von NG-GTAW mehr Aufwand benötigen.
  6. Alle Schweissverfahren werden einen nachteiligen Einfluss auf den Ausgangswerkstoff ausüben. Geeignete Nachschweissbehandlungen werden die Materialeigenschaften verbessern, so dass das Risiko einer Rissbildung verringert wird; die Eigenschaften werden sich aber immer vom Ausgangswerkstoff unterscheiden. Aufgrund der schnellen Abkühlungsraten wird die Metallfestigkeit nach erfolgtem Schweissen für EBW niedriger sein als für NG-GTAW.
  7. Beim Schweissen dicker Komponenten aus Kohlenstoff-Mangan-(C-Mn)-Stahl wird die Herabsetzung der Eigenspannungen wahrscheinlich die grössere Herausforderung darstellen als die Verformung.
  8. Es wird davon ausgegangen, dass sich eine grosse Schweissnaht nachteiliger in Bezug auf Eigenspannungen auswirkt als mehrere kleinere wärmeeinbringende Lagen (Schweissraupen). Zum besseren Verständnis sind ergänzende Untersuchungen notwendig.
  9. Die maximalen Eigenspannungen beim EBW-Verfahren kommen etwa in der Mitte der verschweissten dickwandigen Komponenten vor, breiten sich von dort in alle Richtungen aus und weisen die höchsten Werte in der durch Wärme beinflussten Zone ('heat affected zone' HAZ) auf. Für NG-GTAW wird die maximale Eigenpannung wahrscheinlich in einer bestimmten Tiefe unter der äusseren Oberfläche lokalisiert sein. Dies hängt von den Randbedingungen und der Geometrie während des Schweissens ab.
  10. Weitere Recherchen sind erforderlich, um herauszufinden, welche Methode – NG-GTAW oder EBW – die geringsten Eigenspannungswerte im Hinblick auf die endgültige Auslegung des Behälters erzeugt.
  11. Eine Nachbehandlung der Schweissnaht wird empfohlen, um bleibende Eigenspannungen herabzusetzen. Wahrscheinlich führt eine Kombination der untersuchten Nachbehandlungstechniken im Hinblick auf die Herabsetzung der Eigenspannungen zur besten technischen Lösung.
  12. Eine Wärmenachbehandlung der Schweissverbindung ('post-weld heat treatment' PWHT) bei C-Mn-Stählen wird typischerweise bei 600°C eine Stunde lang pro 25 mm nomineller Schweissverbindungsstärke ausgeführt. Dies könnte für die gegenwärtige Anwendung nicht geeignet sein, deshalb wurden weitere Möglichkeiten eruiert.
  13. Durch eine lokale Erwärmung werden die Eigenspannungen im Bereich der Schweissverbindung umverteilt. Dies könnte eine ökonomische Variante sein, wenn EBW für den Behälterverschluss eingesetzt wird, da die Ausrüstung bereits vorhanden wäre.
  14. Verschiedenartige Oberflächenbehandlungsmethoden (Kugelstrahl-, Ultraschall-, Hammer- und Laserverfestigungsverfahren) können angewandt werden, um die Eigenspannungen in der Nähe der äusseren Oberfläche des Behälters zu modifizieren.
  15. Reibungsschweissverfahren stellen bedeutende Alternativen für die Herabsetzung von Eigenspannungen dar. Allerdings sind nur begrenzte Informationen darüber verfügbar und weiterer Aufwand wäre erforderlich, um die Eignung solcher Verfahren zu überprüfen.
  16. Es werden weitere Informationen über die mechanischen Eigenschaften benötigt, bevor ihr Einfluss auf die Behälterauslegung vollständig beurteilt werden kann. Vom Standpunkt des Schweissverfahrens her wäre eine sich selbst positionierende Trennfuge von Vorteil, um die Eindringtiefe beim Schweissen zu kontrollieren und den Inhalt des Behälters zu schützen.
  17. Ultraschall- und Röntgenuntersuchungstechniken sind beide geeignet für die zerstörungsfreie Prüfung ('non-destructive testing' NDT) von NG-GTAW- und EBW-Schweissverbindungen. Aus Gründen einer bestmöglichen Qualitätssicherung der Schweissverbindung wird empfohlen, beide Prozesse hintereinander anzuwenden.
  18. Der derzeit vorgeschlagene Werkstoff ASTM A516 Grade 70 ist mit beiden Verfahren schweissbar, jedoch stehen Güteklassen von Stahl mit ähnlichen mechanischen Eigenschaften und Korrosionsfestigkeiten, aber verbesserter Schweissbarkeit und geringeren Verunreinigungen zur Verfügung.
  19. Die Herstellung des Behälters mit Schweissen ist technologisch bedeutend weniger anspruchsvoll als der Verschluss des Behälters mit einer Schweissnaht. Es besteht auch die Möglichkeit, eine Behälterauslegung zu wählen, wo für die Herstellung keine Schweissverbindungen notwendig sind.