Technischer Bericht NTB 93-33

Wachstum mikrobieller Mischkulturen unter anaeroben, alkalischen Bedingungen

Zement und Beton bilden in einem Endlager für mittel- und schwachradioaktive Abfälle die wichtigsten Barrieren und damit auch den bedeutendsten Anteil des gesamten Lagervolumens. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung des verwendeten Betons und der Grundwasserflüsse im Lager­Modellgestein ist zu erwarten, dass der pH im Nahbereich des Lagers während mehr als einer Million Jahre über pH 10.5 liegen dürfte. Zusätzlich ist im Grundwasser der Lagerumgebung der Kohlenstoff limitiert. Da im Endlager Mikroorganismen vorhanden sein werden und diese auch im Abfall selbst gute Lebensbedingungen finden dürften, wurde untersucht, wie weit unter den extremen Bedingungen des Nahfeldes mikrobielle Aktivität möglich ist.

Von Proben aus alkalischen Habitaten und aus Valanginienmergel wurden für die Untersuchungen alkalophile Mischkulturen angereichert. Es wurden anaerobe Bakterien mit fermentierenden, sulfatreduzierenden und methanogenen Stoffwechseltypen selektioniert. Wachstum und Aktivitäten der Mischkulturen wurden unter alkalischen Bedingungen untersucht und die Abhängigkeit vom pH und der Kohlenstoffkonzentration bestimmt.

Alle untersuchten Mischkulturen sind alkalophil. Der optimale Wachstumsbereich der Kulturen liegt zwischen pH 9.0 und pH 10.0. Die Aktivitätsgrenze der. fermentierenden Mischkultur liegt bei pH 12, diejenige der Sulfatreduzenten bei pH 11 und die der Methanogene bei pH 10.5. Mit limitierten Kohlenstoffquellen können die Mischkulturen nur noch bei leicht alkalischem pH wachsen. Einzig die fermentierenden Kulturen vermögen Kohlenstofflimitierung bei pH 13 zu überdauern.

Organismen der beiden strikt anaeroben Stoffwechseltypen (Sulfatreduzenten und Methanogene) werden anfänglich im Lagerbereich bei pH-Werten über 10.5 höchstens sehr geringe Aktivität zeigen. Fermentierende Bakterien dagegen dürften von Anfang an in der Lage sein, die extremen Bedingungen im Bereich eines Endlagers zu überdauern und, wenn auch bei langsamem Wachstum, Nischen mit weniger extremen Bedingungen zu schaffen, in denen schliesslich auch weniger alkaliresistente Organismen wachsen können. Somit kann mikrobielle Aktivität und deren Folgen für die Sicherheit auch unter extremen Endlagerbedingungen nicht ausgeschlossen werden.