Technical Report NTB 92-05

Colloid Properties in Groundwaters from Crystalline Formations

Kolloide sind in allen Grundwässern vorhanden. Deshalb muss ihr möglicher Einfluss auf die Migration sicherheitsrelevanter Radionuklide in der Geosphäre untersucht werden. An mehreren Standorten sind Kolloidproben entnommen und charakterisiert worden. Aufgrund dieser Studien im Grimselgebiet (Felslabor Grimsel, Transitgas­Tunnel), in der Nordschweiz (Leuggern, Zurzach) und im Schwarzwald (Bad Säckingen, Menzenschwand), sowie aufgrund der Resultate fremder Untersuchungen in kristallinen Grundwässern (Kanada, Schweden, Frankreich, Spanien) ergibt sich ein konsistentes Bild.

Die Kolloide in den Grundwässern des Kristallins bestehen hauptsächlich aus amorphem Siliziumdioxid und aus Schichtsilikaten aus dem wasserführenden Gestein. Bei konstanten hydrogeochemischen Bedingungen liegt die Kolloidkonzentration unter 100 ng·ml-1, wenn die Calciumkonzentration grösser ist als 10-4 M. Unter transienten chemischen und physikalischen Bedingungen (wie z. B. geothermische, tektonische Ereignisse) kann die Kolloidkonzentration Werte von 10 μg·ml-1 oder mehr erreichen, wenn die Calcium- wie auch die Natriumkonzentration klein ist (d. h. [Ca] < 10-4 M und [Na] < 10-2 M). Für das Kristallin-Referenzwasser der Nagra ([Ca] = 3.5 × 10-4 M, [Na] = 1.4 × 10-2 M, [TOC] = 3 × 10-6 M) sind Kolloidkonzentrationen unter 100 ng·ml-1 zu erwarten. Für das Zurzacher Wasser beispielsweise liegt sie bei 10 ng·ml-1. Dieser kleine Wert ist auf den hohen Haftfaktor zurückzuführen, der für Tonkolloide in diesem Wasser nahe bei 1 liegt.

Ein Modell für die Kationenadsorption zeigt, dass bei pH 8 der Verteilungskoeffizient der Nuklide zwischen Wasser und Kolloiden (Kp) unter 107 ml·g-1 liegt, wenn die Sorption durch Oberflächenkomplexierung an =AIOH-Gruppen erfolgt. Dieses pragmatische Modell basiert auf der Konkurrenz zwischen der Bildung von Hydroxokomplexen in Lösung und ihrer Adsorption an den Kolloiden. Die Modellrechnungen werden mit experimentellen Ergebnissen verglichen. Bei kleiner Kolloidkonzentration (< 100 ng·ml-1, Teilchengrössen 10 bis 1000 nm) und einer Sorptionskapazität in der Grössenordnung von 10-9 M ist der Kolloideinfluss auf den Nuklidtransport vernachlässigbar, wenn eine reversible Oberflächenkomplexierung (Kp < 107 ml·g-1 bei pH 8) angenommen wird.

Studien zur Nuklidsorption an Kolloiden gekoppelt mit Transportstudien haben gezeigt, dass das klassische Oberflächenkomplexierungs-/lonenaustauschmodell nicht konservativ ist. Zusätzlich sollte auch die reversible Haftung der Kolloide am Gestein zusammen mit der irreversiblen Sorption der Radionuklide an Kolloiden in Betracht gezogen werden. Ein Beitrag der Kolloide zum Nuklidtransport ist prinzipiell denkbar, wenn die Nuklidsorption auf Kolloiden und eine Aggregierung von Kolloiden zusammenwirken und eine irreversible Sorption hervorrufen. Wenn solche Aggregierungen vorkommen, ist es aber auch möglich, dass sich die grösseren Partikel ablagern. Die Studie zeigt, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass bei konservativer Grössenverteilung ein solcher Prozess von Sorption und Aggregierung eine irreversible Sorption auf Kolloiden nach sich zieht.