Technical Report NTB 87-02

Facies and origin of Triassic evaporites from the Nagra boreholes, Northern Switerland

Die beiden evaporitischen Serien der Trias, der Gipskeuper und die Anhydritgruppe des Mittleren Muschelkalkes sind, obschon im Schweizer Jura weitflächig verbreitet, infolge ihrer Verwitterungsanfälligkeit relativ schlecht aufgeschlossen. Durch die im Rahmen des Nagra-Tiefbohrprogramms niedergebrachten Bohrungen Böttstein, Leuggern, Riniken, Schafisheim und Weiach und die NOK-­Bohrung Beznau sind sie nun als lückenlose Kernabfolgen erschlossen worden. Detaillierte mineralogische, texturelle und sedimentologische Analysen ermöglichen eine prozess-orientierte Interpretation der Diageneseentwicklung und Rekonstruktion der Ablagerungsmilieus in Raum und Zeit.

Die Dominanz von (instabilen) evaporitischen Mineralien führte dazu, dass diagenetische Prozesse die primäre mineralogische Zusammensetzung des Gipskeupers und der Anhydritgruppe weitgehend veränderten. Eine komplexe Abfolge evaporitischer Mineralien (hauptsächlich Dolomit, Gips, Anhydrit, Halit) sowie Chert und Talk wird als frühdiagenetische Mineralvergesellschaftung interpretiert. Insbesondere die noch unter dem Einfluss des Ablagerungsmilieus erfolgte Ausscheidung von Gips und knolligem Anhydrit, die Dolomitisierung und Silifizierung von Karbonaten sowie die partielle Lösung von Halit und Sulfaten veränderten die Gesteinsabfolgen nachhaltig.

Während der folgenden Versenkungsdiagenese wandelte sich bei Temperaturen über 50°C meist aller Gips unter Wasserabgabe zu Anhydrit um. Die Verdrängung von Anhydrit durch Megaquarz und Dolomit und die Freisetzung von im Anhydrit vorhandenen Spurenelementen führten in der Folge zur Ausscheidung schwerlöslicher Mineralphasen wie Fluorit, Zinkblende, Pyrit und Coelestin.

Im Anschluss an die posttektonische Hebung der Region führte der Zufluss von meteorischem Wasser einerseits oberflächennah zur Vergipsung des Anhydrits (z. B. Gipskeuper in Böttstein). Andererseits wurden die Evaporitserien randlich im Kontakt zu wasserführenden Schichten hydratisiert (Beznau, Böttstein, Leuggern). In den Bohrungen mit über 500 m Überlagerung des Gipskeupers tritt dieser Effekt nicht auf. Der Gipskeuper ist hier eigentlich ein Anhydritkeuper.

Trotz starker diagenetischer Umwandlungen, die praktisch alle primären Mineralien erfasste, sind jedoch die meisten Ablagerungstexturen erhalten geblieben.

Im Gipskeuper und der Anhydritgruppe können auf Grund der Lithologie und der Sedimenttexturen vier Lithofazies-Assoziationen, wovon jede mehrere Faziestypen aufweist, unterschieden werden. Die wichtigsten Faziestypen sind in der

A. Sulfat-Lithofazies-Assoziation: 
 

(1) Lagen oder massive Schichten von selenitischem Gips (häufig als Anhydrit vorliegend), die auf primäre subaquatische Ausscheidungen von Gips schliessen lassen,
 

(2)

lagige Gipsarenite (vielfach als Anhydrit) mit Rippelschichtung und anderen texturellen Merkmalen, die für Sedimentation als klastisches Sediment, vermutlich durch Stürme spreche,

(3)

knollige Sulfate liegen entweder als weisser oder rötlicher reiner Mosaik-Anhydrit («chickenwire» Typ) oder als grauer bis bräunlicher (d. h. kalkig-toniger) feinkörniger Mosaik-Anhydrit vor. Während letztere als pedogene Krusten (Gypcrete) interpretiert werden, sind erstere im Sediment gewachsen entsprechend den Anhydritknollen rezenter Sabkhas:

B.

Karbonat-Lithofazies-Assoziation mit homogenen Mikriten und Dolomikriten, Calcareniten und -ruditen (z. T. mit mariner Fauna) sowie interdidalen stromatolithischen Laminiten.

C.

Chlorid-Lithofazies-Assoziation mit Halit-Laminiten, massivem Halit und sowie durch teilweise Lösung und Einsturz von Salzschichten gebildeten Kollaps-Breccien.

D. Ton-Lithofazies-Assoziation mit
 

(1)schwarzen, karbonatarmen sapropelitischen Tonen, assoziiert mit Sulfareniten oder Selenit und somit subtidaler Entstehung,
 

(2)

grünlichen und braun-roten kalkreichen Tonen, assoziiert mit pedogenen Sulfaten und Trockenrissen, die Bildungen subaerischer Schlammflächen von Playas oder Küstenebenen darstellen.

 

Der in den untersuchten Bohrungen 73 – 87 m mächtige Gipskeuper konnte in 8 Untereinheiten von unterschiedlicher Mächtigkeit (2 ­ – 30 m) gegliedert werden. Lithologisch und mit den geophysikalischen Logs (insbesondere Widerstands-Log) lassen sie sich problemlos von Bohrung zu Bohrung korrelieren. Mindestens 27 kleinmassstäbliche regressive Zyklen konnten in den obersten 33 – 43 m des Gipskeupers im Kern und in den geophysikalischen Logs nachgewiesen und weitgehend von Bohrung zu Bohrung korreliert werden. Im unteren Teil des Gipskeupers ist die Zyklizität weniger klar und die Zyklen oft unvollständig. Eine ca 90 cm mächtige Leitbank mit Sulpharenit (oben) und Muscheldolomit (unten) tritt etwa in der Mitte der Gipskeuperabfolge auf.

Als Ganzes stellt der Gipskeuper eine die Kleinzyklen überlagernde regressive Grossequenz dar. Sie setzt im unteren TeiI mit Ablagerungen von Salzlagunen ein, die sich zu kontinentalen Playas mit Horizonten von Mosaik-Anhydrit (bzw. Gips) entwickeln. Diese werden im unteren mittleren Gipskeuper wiederum überflutet (?Meeresspiegelanstieg) und es kommt zur Bildung (subaquatisch) von Selenit und zur Ablagerung von Sulphareniten. Anschliessend folgt eine lange subaerische Phase mit verlangsamter Sedimentation und extensiver Sulfat-Pedogenese, welche zur Bildung mächtiger Sulfcrete-Zyklen führen. Gegen oben wird der Gispkeuper von Inland-Playas und von hypersalinen Überschwemmungsebenen-Ablagerungen abgeschlossen und von kontinentalen Rotschichten des oberen Keuper überlagert.

Die Anhydritgruppe besteht aus einer Dolomitzone (oben), oberer Sulfatzone, Salzschichten und unterer Sulfatzone (unten). Sie ist durch starke Mächtigkeitsschwankungen (57 – 102 m) gekennzeichnet, die hauptsächlich auf unterschiedliche Mächtigkeit der Salzschichten zurückzuführen ist. Die Anhydritgruppe kann ebenfalls in 8 Untereinheiten gegliedert werden, die lithologisch und mittels geophysikalischer Logs von Bohrung zu Bohrung korrelierbar sind. Wie der Gispkeuper weist auch die Anhydritgruppe eine klare Zyklizität auf, wobei die verschiedenartigen Kleinsequenzen korrelierbar sind. Die Zyklen lassen auf gegen oben zunehmende Salinität des Milieus schliessen. Im mittleren Teil der Anhydritgruppe werden die Zyklen durch Lösungsoberflächen an Salz- oder Sulfatschichten sowie Kollaps-Breccien abgeschlossen. Diese Breccien nehmen gegen oben ab und machen intraformationellen Konglomeraten und knolligem Anhydrit Platz, was auf stabile Bedingungen und geringere Salinität hinweist. Im oberen Teil tritt in allen Bohrungen eine 1 m mächtige weisse Anhydrit-Leitbank mit selenitischer Textur auf. Der Dolomit der Anhydritgruppe, welcher viele Merkmale aufweist, die für Sedimente rezenter Küstensabkhas typisch sind, stellt den Übergang zur flachmarinen Mikritsedimentation des Hauptmuschelkalks dar.