Technischer Bericht NTB 83-21

Geophysikalisches Untersuchungsprogramm NordschweizRegionale Refraktionsseismische Messungen

Im Rahmen der detaillierten geophysikalischen Landesaufnahme in der Nordschweiz (nordöstliche Ausläufer des schweizerischen Jura) wurde mit der Methode der Refraktionsseismik versucht, die Tiefenlage der Grundgebirgsoberfläche und die Ausbreitungsgeschwindigkeiten seismischer Wellen der an dieser Grenzfläche – im Südschwarzwald auch oberflächennah – anstehenden kristallinen Gesteine zu erfassen. Gemeinsame Träger dieser Untersuchungen sind die Schweizerische Geophysikalische Kommission und die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (NAGRA), Baden. Die Organisation, Durchführung und Auswertung der Messungen lagen beim Institut für Geophysik der ETH Zürich.

Im Südschwarzwälder Gneisgebiet liegt die Geschwindigkeit der Kompressionswellen an der Oberfläche zwischen 2.2 km/s und 4.5 km/s. Bis zu einer Tiefe von 300 m steigt die Geschwindigkeit auf etwa 5.0 km/s an; in 1 km Tiefe beträgt die Geschwindigkeit etwa 5.5 km/s und in 2 km Tiefe 5.8 km/s. In dem maximal erfassten Tiefenbereich von 3 km liegt die Geschwindigkeit immer noch unter 6.0 km/s. Laterale Geschwindigkeitsänderungen oder signifikante Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den einzelnen Profilen im Schwarzwaldkristallin konnten nicht festgestellt werden. Dies gilt auch für Unterschiede zwischen den erfassten Gneis- und Granitgebieten.

Die Geschwindigkeits-Tiefen-Struktur unter den nordöstlichen Ausläufern des Schweizer Jura und der angrenzenden Molassegebiete basiert auf den Profilen von Villigen, demjenigen zwischen Hallwilersee und Kaisten sowie auf dem Profil Kaisten - Ost. Für die mesozoischen Schichten wurde eine Ausbreitungsgeschwindigkeit von 3.7 km/s bis 3.8 km/s ermittelt. Darunter folgt eine vermutlich stark zerrüttete Übergangszone im kristallinen Grundgebirge, in welcher die Geschwindigkeit über einen Tiefenbereich von etwa 300 m auf 5.2 km/s erreicht. Die Geschwindigkeit von 6 km/s ist im Mittel bei etwa 2300 m bis 2500 m unter der Sedimentbasis zu erwarten.

Die in einem Tiefenlinienplan dargestellte Kristallinoberfläche im Gebiet des nordöstlichen Schweizer Jura und der angrenzenden Molassegebiete sinkt nach SSE unter die mesozoischen und känozoischen Sedimente ab. Das Abtauchen ist unter dem Tafeljura und östlich der Aare wesentlich stärker als weiter südlich, wo sich das Relief merklich verflacht. Dem allgemeinen Einfallen nach Süden sind ausgeprägte Ost­-West streichende Schwankungen überlagert. Westlich des Aaretals deuten sich bei Mönthal und Frick zwei kleinere Mulden an.

Östlich der Aare fällt das Kristallin von Norden nach Süden unter dem Rhein auf eine Tiefe von 2100 m unter Meeresniveau ab. Vermutlich tragen permo-karbonische Sedimente zu dieser unerwartet ausgeprägten Eintiefung bei. Die östlichen Ausläufer des Faltenjura liegen ebenfalls über einer allerdings weit weniger ausgeprägten Kristallinmulde. Südlich anschliessend zwischen Wildegg und Mellingen wird das allgemeine Abtauchen der Kristallinoberfläche durch eine relative Hochlage von etwa 200 m überlagert.

Die unerwartet geringe Geschwindigkeit des Kristallins weist auf einen starken Verwitterungsgrad hin, welcher unter Umständen so gross sein kann, dass die Kristallinoberfläche selbst nur relativ ungenau erfasst wird.