Tiefbohrungen – Bild des Untergrunds vervollständigen


Tiefbohrungen erlauben einen direkten Einblick in den geologischen Untergrund und dessen Aufbau. Seit 2019 untersucht die Nagra die Gesteinsschichten in den potenziellen Standortgebieten für ein geologisches Tiefenlager Jura Ost, Nördlich Lägern und Zürich Nordost. Die Tiefbohrkampagne ist abgeschlossen.

Die Nagra hat den geologischen Untergrund der Nordschweiz und des Wellenbergs mit zahlreichen Methoden erkundet. Dazu gehören insbesondere auch Tiefbohrungen:

Die Nagra führt in allen drei für ein Tiefenlager in Frage kommenden Standortgebieten Tiefbohrungen durch. Dazu setzt sie ein Bohrgerät ein, mit dem sie mehrere hundert Meter in die Tiefe bohrt. Bei den aufwändigen Bohrungen gewinnt die Nagra Gesteinsproben aus dem Bohrloch in Form eines Bohrkerns. Dieser wird an die Erdoberfläche hochgezogen und untersucht. Teile des Bohrkerns werden für weitere Analysen in Labors versendet. Auch im Bohrloch selbst werden Messungen durchgeführt, die Rückschlüsse auf Verhältnisse im tiefen Untergrund ermöglichen.

Im Fokus des Interesses stehen der Opalinuston, in dem das Tiefenlager angeordnet werden soll, sowie die tonhaltigen Gesteinsschichten darunter und darüber. Untersucht werden unter anderem die Dicke, die Dichtigkeit und die genaue Zusammensetzung dieser geologischen Sicherheitsbarriere, die die Abfälle zuverlässig einschliesst.

Tiefbohrung der Nagra in Rheinau

Wozu dienen die Tiefbohrungen?

Mit Erkenntnissen aus den Tiefbohrungen kann die Nagra ihr Wissen über den geologischen Untergrund ergänzen und das geologische Gesamtbild vervollständigen. Dies ist wesentlich für die langfristige Sicherheit eines Tiefenlagers. Fundierte Kenntnisse über den Untergrund sind aber auch für den Vergleich der möglichen Standorte eines Tiefenlagers entscheidend: Die Nagra kann die verschiedenen Standortgebiete miteinander vergleichen und die Auswahl des am besten für das Tiefenlager geeigneten Gebietes treffen.

Untergrund der Nordschweiz ist gut erkundet

Im Rahmen der Standortsuche für ein Tiefenlager hat die Nagra von 1982 bis 1999 acht rund 1000 bis 2500 Meter tiefe Bohrungen in der Nordschweiz abgeteuft (vgl. Karte). Seit 2019 sind neun weitere Tiefbohrungen der Nagra in Bözberg, Bachs, Bülach, Stadel, Marthalen, Trüllikon und Rheinau hinzugekommen. Somit konnte die Nagra das Wissen über die Gesteinsschichten in der Nordschweiz weiter ergänzen.

Langzeitbeobachtung bei abgeschlossenen Tiefbohrungen gestartet

In einigen Bohrlöchern werden noch Messgeräte eingebaut, um Daten für die Langzeitbeobachtung zu erhalten.

Im August 2021 hat die Nagra dazu ein kleineres Bohrgerät auf dem ehemaligen Bohrplatz Marthalen aufgestellt. Foto: © Comet Photoshopping, Dieter Enz

Im bereits bestehenden Bohrloch werden in verschiedenen Tiefen Sensoren eingebaut, die beispielsweise die Temperatur und den Wasserdruck in den einzelnen Gesteinsschichten messen. Dazu werden separate Messabschnitte mit «Packern» (vgl. Foto) abgedichtet.

Diese «Packer» werden in das Bohrloch eingebaut. Sie können einzelne Abschnitte abdichten, die dann separat gemessen werden können. Foto: © Comet Photoshopping, Dieter Enz

Wozu braucht es eine Langzeitbeobachtung?

Die Messungen dienen vor allem dazu, das Grundwasser der wasserführenden Schichten in einem ungestörten Zustand zu beobachten, also einige Zeit, nachdem das Bohrloch erstellt wurde. Damit werden die Daten der Bohrung ergänzt. Die Daten aus der Langzeitüberwachung sind nicht standortentscheidend, sondern dienen der Dokumentation des Ausgangszustands. Deshalb baut die Nagra in allen drei potenziellen Standortgebieten solche Beobachtungssysteme ein. Die Daten können später auch für die Grundwasserüberwachung beim Bau und Betrieb des Tiefenlagers genutzt werden.

Um die Messsysteme betreiben und warten zu können, verbleibt der sogenannte Bohrkeller – ein rund 3 auf 5 Meter grosser Betonkeller – einige Zeit bestehen.


Titelfoto: Boris Baldinger