«Veränderung zwingt uns aus der Komfortzone»


Berrak Firat Lüthi analysiert die Daten eines der grössten Experimente der Nagra: Das Full-Scale-Emplacement-Experiment bildet einen eingelagerten Endlagerbehälter im Massstab 1:1 ab.

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«Seit meinem ersten Praktikum bei der Nagra im Jahr 2014 hat sich vieles verändert – privat wie beruflich. Damals erschien die Realisierung des Tiefenlagers wie ein Traum, der Baustart lag in weiter Ferne. Wir konzentrierten uns vor allem auf die Forschung. Nun werden viele der Dinge konkret, über die wir früher als etwas Theoretisches geredet hatten. Etwa das Rahmenbewilligungsgesuch, das wir 2024 einreichen. Nach Jahrzehnten der Forschung rückt nun die Umsetzung in den Vordergrund. Das bedeutet auch für mich selbst eine Veränderung.

1:1-Testlabor fürs Tiefenlager
In den letzten zehn Jahren war ich vor allem wissenschaftlich für die Nagra tätig. Seit Tag eins habe ich am FE-Experiment mitgearbeitet: Das Full-Scale-Emplacement-Experiment ist eines der grössten wissenschaftlichen Experimente der Nagra. Im Felslabor Mont Terri simulieren wir mithilfe von Heizelementen das Tiefenlager im Massstab 1:1. Wir möchten herausfinden, wie sich die Wärmeabgabe der radioaktiven Abfälle auf das umliegende Gestein auswirken wird. Mehr als 1000 Sensoren messen den Effekt der Heizelemente auf das umliegende Gestein. Wir analysieren unterschiedliche Parameter wie die Temperatur, den Wasserdruck und wie sich das Gestein bewegt. Ich profitiere sehr davon, dass ich die Sensoren so gut kenne. Denn während meines Praktikums half ich mit, das Experiment aufzusetzen und die Sensoren in Betrieb zu nehmen. Nebst der Arbeit am FE-Experiment bin ich für die Lagerung der Bohrkerne verantwortlich.

Berrak Firat Lüthi, Geologie-Ingenieurin

Die Menschen hinter dem Jahrhundertprojekt


Berrak ist Geologie-Ingenieurin und arbeitet seit rund zehn Jahren bei der Nagra. Sie hat ihren Bachelor in Geological Engineering an der Middle East Technical University in Ankara absolviert, ihr Masterstudium in Ingenieurgeologie an der ETH Zürich. Nachdem sie 2014 während ihres Masters ein Praktikum bei der Nagra absolviert hatte, stand für Berrak Firat Lüthi fest: Hier will sie künftig arbeiten. Heute ist sie stellvertretende Projektleiterin des FE-Experiments.

Was meine künftigen Aufgaben sein werden und an welchen Projekten ich mitarbeiten werde, weiss ich noch nicht in allen Details. Ich kann mir aber gut vorstellen, weiterhin für Messungen verantwortlich zu sein. Der Umgang mit Daten liegt mir. Neu werden es aber weniger wissenschaftliche Experimente sein, sondern beispielsweise sogenannte Nullmessungen am Standort des Tiefenlagers. Sie dienen dazu, den aktuellen Zustand des Geländes aufzuzeichnen. So möchten wir im Lauf der Jahrzehnte belegen, dass das Tiefenlager keine Auswirkung auf die Umwelt hat. Meine Arbeit bei der Nagra empfinde ich als sehr erfüllend. Der radioaktive Abfall ist nun einmal da: Sobald wir das Licht anmachen, nutzen wir auch Kernkraftwerke. Wir brauchen daher eine Lösung für die Entsorgung dieses Abfalls. Das Tiefenlager wird die Umwelt, die nachfolgenden Generationen und die natürlichen Ressourcen schützen. Zur Lösung des Problems etwas beizutragen, ist etwas Besonderes.

Auch Privat im Wandel
In den letzten Jahren gab es nicht nur bei der Nagra grosse Veränderungen, sondern auch bei mir: Ich habe 2022 mein zweites Kind bekommen. Die Zeit vor und nach der Geburt war sehr anstrengend, da es gesundheitliche Herausforderungen gab. Zum Glück ist in der Zwischenzeit alles wieder in Ordnung. Ich bin meinem Vorgesetzten sowie meinen Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar, dass sie mich immer unterstützt haben. Alle bei der Nagra waren in den schweren Zeiten für mich da – das ist nicht selbstverständlich. Ich freue mich sehr darauf, 2024 mein Pensum wieder zu erhöhen. Wir befinden uns gerade in einer spannenden Zeit des Umbruchs. Der Wandel ist da, man kann ihn spüren. Ich habe aber auch ein bisschen Respekt davor, denn Veränderung zwingt uns immer aus der Komfortzone. Wobei ich überzeugt bin, dass wir nur auf diese Weise wachsen, Neues lernen und weiterkommen.»

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