Technischer Bericht NTB 94-09

Sondierbohrungen Wellenberg SB1, SB2, SB3, SB4, SB4a/v, SB4a/s und SB6 – Bau- und Umweltaspekte, Bohrtechnik

Im Rahmen ihrer Aufgabe, Endlager für radioaktive Abfälle zu planen und zu erstellen, untersuchte die Nagra verschiedene Gesteinsformationen im Hinblick auf ihre Eignung als Wirtgestein für die Endlagerung schwach- und mittelradioaktiver kurzlebiger Abfälle. An vier ausgewählten Standorten Piz Pian Grand (GR), Oberbauenstock (NW), Bois de la Glaive (VD) und Wellenberg (NW) wurden intensivere Untersuchungsprogramme ausgeführt. Am Standort Wellenberg sollen Valanginien-Mergel auf ihre Eignung als Wirtgestein untersucht werden. Die Valanginien-Mergel weisen eine bedeutende Anzahl von Eigenschaften auf, die sie als Wirtgestein geeignet erscheinen lassen, nämlich ihre Sorptionseigenschaften, ihr plastisches Verhalten bei mechanischer Beanspruchung und insbesondere ihre geringe Wasserdurchlässigkeit.

Für den Wellenberg ersuchte die Nagra am 17. Juni 1987 mit dem Sondiergesuch NSG 18 um die Bewilligung zur Durchführung eines umfangreichen Sondier- und Untersuchungsprogramms, um die Machbarkeit eines Endlagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle für diesen Standort abklären zu können. Der Bundesratsentscheid vom 31. August 1988 erlaubte von dem Untersuchungsprogramm denjenigen Teil der Untersuchungsphase I, der ohne Verletzung der potentiellen Endlagerzone durchgeführt werden kann. Dies umfasste sowohl Untersuchungen von der Oberfläche aus – z. B. seismische Messungen und Tiefbohrungen – als auch den Bau eines Sondierstollens. Aus bewilligungstechnischen Gründen musste der Bau des Sondierstollens zurückgestellt werden, die Untersuchungen von der Oberfläche aus konnten jedoch aufgenommen werden.

Die Fortsetzung der ersten Kartierungsarbeiten und Weiterführung des hydrogeologischen Katasters leiteten die Phase I der Standortuntersuchungen ein. Sie wurden mit der Ausführung des geophysikalischen Untersuchungsprogramms, bestehend aus Reflexions- und Refraktionsseismik und Geoelektrik, in der Zeit vom 18. September bis 27. November 1989 fortgesetzt. Vom 21. November 1989 bis 12. Januar 1990 erfolgten Erstellung und Ausbau von sechs Piezometerbohrungen im Engelberger Tal zwischen Dörfli und Mattli.

Den Kern des Untersuchungsprogramms der Phase I bildeten jedoch die ersten fünf Sondierbohrungen. Mit dem Baubeginn der Bohrplätze Schwandrain (SB4) und Wilershöchi (SB3) am 20. November 1989 wurde die Ausführung der Sondierbohrungen in Angriff genommen. Die Bohrarbeiten selbst begannen am 15. Mai 1990 auf SB4 und endeten am 5. März 1993 mit der Fertigstellung der Bohrung Allmend (SB2), deren Bohrplatz an der späteren Portalzone anschliessend noch teilrekultiviert wurde. Der Einbau eines Packersystems in SB6 im Sommer 1993 schloss die Arbeiten dieser ersten Untersuchungsphase bis auf die noch laufende Langzeitbeobachtung ab.

Basierend auf den Ergebnissen der Phase I wurde im Sommer 1994 ein weiterer Schritt zur Erkundung des Wellenbergs begonnen. Diese Phase II umfasste eine weitere Oberflächenseismik-Kampagne, mehrere Piezometerbohrungen und untiefe Kernbohrungen sowie die Sondierbohrung SB4a, die mit einem vertikalen und einem mit 45 Grad geneigten Bohrloch abgeteuft wurde. Mit der Versiegelung des schrägen Bohrlochs endete diese Untersuchungsphase im November 1995.

Im ersten Kapitel dieses Berichts werden allgemeine Grundlagen zur regionalen Geologie, zur Zielsetzung der Untersuchungen und zum zeitlichen Ablauf genannt. Die bautechnischen Bewilligungsfragen und Auflagen sowie die Umweltschutzbelange sind im Kapitel 2 enthalten, wobei neben generellen Bau- und Betriebsaspekten auch die speziellen Lärmschutzmassnahmen beschrieben sind. Zu bohrungsübergreifenden Themen der Bohrtechnik und Ausführung der Bohrungen wird in Kapitel 3 Stellung genommen. Die Kapitel 4 bis 10 beinhalten jeweils die Ausführung einer Bohrung im Detail. Das Kapitel 11 spricht die Aufsichtsgremien und Berichterstattung an.

Diese Tiefbohrungen umfassen insgesamt rund 7869 Bohrmeter, die zu 96 % als Seilkernbohrung abgeteuft wurden und davon einen Kerngewinn von 97 % erreichten. Das umfangreiche erdwissenschaftliche Untersuchungsprogramm in den Bohrungen hatte die Aufgabe, die geologische Charakterisierung des Wellenbergs und als Folge eine Aussage über die Eignung dieses Standortes für den Endlagerbau zu ermöglichen.

Die Resultate der ersten Sondierkampagne haben die Prognosen in allen Belangen erreicht, z. T. sogar übertroffen. Sie bilden die Grundlage für den Standortentscheid zugunsten des Wellenbergs und für die Einleitung des Rahmenbewilligungsverfahrens. Die zeitlichen Verzögerungen in den Bewilligungsverfahren für die untertägige Erkundung wurden in der zweiten Kampagne genutzt, um mit ergänzenden Untersuchungen die bisherigen Erkenntnisse zu verifizieren und zusätzliche Informationen zu erhalten.