Technischer Bericht NTB 86-12

Bentonit als Verfüllmaterial im Endlager für hochaktiven Abfall: Chemische Aspekte

Das gegenwärtige Nagra-Konzept für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle sieht vor, das in Stahlbehälter eingeschweisste Borosilikatglas in Tunnels von 3,7 m Durchmesser in einer Tiefe von 1000 bis 1500 m einzulagern. Diese Tunnels sollen mit kompaktiertem Bentonit, einem Ton mit hohem Montmorillonit-Gehalt verfüllt werden. Bentonite eignen sich u. a. auch wegen ihres Quellvermögens, der geringen hydraulischen Konduktivität und wegen ihrer Sorptionseigenschaften als Verfüllmaterial.

Dieser Bericht beschränkt sich auf die chemischen Aspekte des Verfüllmaterials, die das Verhalten eines Endlagersystems beeinflussen können: Quellverhalten, Sorptionseigenschaften und Langzeitstabilität.

Die Quellung des Montmorillonits durch Wasserzutritt ist unter Endlagerbedingungen vorwiegend innerkristallin. Zur quantitativen Beschreibung dieses Vorgangs besteht zur Zeit kein mikroskopisches Modell. Auf der Grundlage der Gleichgewichtsthermodynamik lassen sich aber Beziehungen zwischen dem Quelldruck und der experimentell leichter zugänglichen Wasserdampfsorptionsisothermen bzw. der Immersionswärme herleiten.

Die für den Nuklidrückhalt im Endlager wichtige Kationenadsorption lässt sich modellmässig verstehen. Die Interpretation publizierter Sorptionsdaten unter theoretischen Gesichtspunkten ist aber aus verschiedenen Gründen nur selten möglich. Deshalb sind direkte Diffusionsmessungen an kompaktiertem Bentonit den Sorptionsdaten vorzuziehen.

Die Eigenschaften des Verfüllmaterials werden sich in einem Zeitraum von etwa 106 Jahren nicht nachhaltig verändern. Diese Folgerung ergibt sich aus dem Studium natürlicher Analogien und aus Laborexperimenten. Langfristig ist allerdings die Bildung von Illit/Montmorillonit-Wechsellagerungen nicht auszuschliessen. Solche Tone haben immer noch gute Quell- und Sorptionseigenschaften. Bei den vorgesehenen Mengenverhältnissen sind auch keine nachteiligen Veränderungen als Folge des radioaktiven Zerfalls zu befürchten.

Die Wechselwirkungen zwischen dem Bentonit und den Behälter-Korrosionsprodukten müssen mangels Literaturangaben experimentell untersucht werden. Die Art der zu erwartenden Reaktionsprodukte (eisenhaltige Tonminerale) und das hohe Bentonit/Eisen-Verhältnis lassen auch in dieser Hinsicht keine Beeinträchtigung der Funktion der Verfüllung erwarten.

Wegen der besseren Stabilität ist ein Calcium-Bentonit der Natrium-Variante vorzuziehen. Ein kleiner Eisengehalt ist anzustreben, weil unter reduzierenden Bedingungen durch die Reduktion von Eisen (III) die Schichtladung des Montmorillonits erhöht wird. Auch organische und sulfidische Verunreinigungen sollten möglichst gering sein.