Technischer Bericht NTB 14-02/IV

SGT Etappe 2: Vorschlag weiter zu untersuchender geologischer Standortgebiete mit zugehörigen Standortarealen für die OberflächenanlageGeologische GrundlagenDossier IV:Geomechanische Unterlagen

Dossier IV: Geomechanische Unterlagen

Das Dossier IV 'Geomechanische Unterlagen' gibt eine Übersicht über die vorhandenen empirischen und experimentellen Befunde zum Verformungsverhalten der vorgeschlagenen Wirtgesteine und über die erwarteten geomechanischen Verhältnisse in den potenziellen Standortgebieten. Aus der verfügbaren geomechanischen Datenbasis werden allgemeine Materialgesetze abgeleitet, die eine Grundlage für bau- und sicherheitstechnische Modellanalysen im Rahmen des sicherheitstechnischen Vergleichs der Standortgebiete bilden. Die geomechanischen Unterlagen umfassen:

  • Die Beschreibung der Spannungsverhältnisse im regionalen und lokalen Massstab. Zu diesem Zweck wurden die bestehenden Datengrundlagen durch Feldaufnahmen des Paläo-Spannungsfelds, (Neu-)Auswertungen von Bohrlochrandausbrüchen sowie Hydrofrac-Messungen in neueren Bohrungen ergänzt. Es wurden aktualisierte Spannungskarten der Nordschweiz und der angrenzenden Gebiete erstellt. Mit numerischen Modellen wurden die lokalen Spannungsverhältnisse in ausgewählten Situationen für ein breites Spektrum von tektonischen Randbedingungen untersucht. Von besonderer Bedeutung für geomechanische Anwendungen waren hierbei die Abschätzungen der auf Lagerniveau erwarteten Magnituden der Hauptspannungskomponenten inklusive der dazugehörigen Ungewissheiten.
  • Die Charakterisierung der geomechanischen Eigenschaften der Wirtgesteine (Steifigkeit, Festigkeit, Konsolidierungs- und Quellverhalten). Neue Laboruntersuchungen wurden vor allem an Kernproben aus dem Opalinuston durchgeführt, der einerseits wegen seiner geringen Zugfestigkeit und seiner moderaten Quellfähigkeit als bautechnisch anspruchsvoll gilt, andererseits jedoch durch sein Selbstabdichtungsvermögen eine ausgezeichnete Transportbarriere für Radionuklide darstellt. Mithilfe der ergänzten geomechanischen Datenbasis wurden für den Opalinuston erweiterte Materialgesetze und die dazugehörigen Parametersätze hergeleitet, welche die Übertragbarkeit des Verformungsverhaltens des Gesteins auf die unterschiedlichen geologischen Situationen in den vorgeschlagenen Standortgebieten sicherstellen. Für die anderen Wirtgesteine wurden die geomechanischen Wirtgesteinseigenschaften tabellarisch kompiliert.
  • Die Beschreibung der strukturgeologischen Verhältnisse in den Standortgebieten als Grundlage für eine standortbezogene Einordnung des Wirtgesteins bezüglich der vorherrschenden tektonischen Überprägung ("Gebirgsmodelle"). Strukturanalysen der in Etappe 2 im regionalen Massstab kartierten Geländeaufschlüsse und Strukturaufnahmen an Kernproben aus Tiefbohrungen sowie die strukturgeologische Interpretation der neuen 2-D Seismik lieferten die Datenbasis für ein standortbezogenes Inventar des Trennflächengefüges. Durch eine Gegenüberstellung der Strukturanalysen und der verfügbaren geomechanischen Daten konnten Gebirgsmodelle abgeleitet werden, welche das auf tektonische Überprägung zurückzuführende strukturelle Inventar des Opalinustons hinsichtlich des Festigkeitsverlusts gegenüber dem intakten Gestein klassifizieren. Der anisotropen Entfestigung des Gesteins entlang der Schichtflächen wurde dabei explizit Rechnung getragen.

Die zusammengetragenen Grundlagen zum Verformungsverhalten der Wirtgesteine in den Standortgebieten liefern die hydro-mechanischen Modellkonzepte und Referenzdaten für die geowissenschaftlichen Systemanalysen zur Beurteilung der geotechnischen Bedingungen eines Tiefenlagers sowie zur sicherheitstechnischen Bewertung der lagerbedingten Einflüsse und der hydro-mechanischen Dekompaktionseffekte im Rahmen der geologischen Langzeitentwicklung. Im vorliegenden Dossier werden die Phänomenologie und die Konzeptualisierung von Auflockerungseffekten im Lagerumfeld behandelt. Hierzu wird mit Hilfe einfacher Analysewerkzeuge der Einfluss der Überlagerung auf die geotechnischen Verhältnisse beim Bau eines geologischen Tiefenlagers untersucht. Darüber hinaus werden die Ergebnisse von hydro-mechanischen Systemanalysen zur Selbstabdichtung der Auflockerungszone gezeigt, mit deren Hilfe die hydraulische Bedeutung der Auflockerungszone nach dem Verschluss des Tiefenlagers für verschiedene geologische Situationen quantitativ bewertet werden kann. Schliesslich wird die Veränderung der hydraulischen Barrierenfunktion des Opalinustons als Folge der Gesteinsdekompaktion im Rahmen der geologischen Langzeitentwicklung (Erosion, Neotektonik) anhand semi-empirischer Evidenzen abgeschätzt.