Technical Report NTB 17-10

Redox evolution and Fe-bentoniteinteraction in the ABM2 experiment,Äspö Hard Rock Laboratory

Die Bentonitverfüllung bildet dank ihrer günstigen Abdichtungseigenschaften eine wichtige Komponente des Multi-Barrieren-Konzepts von geologischen Tiefenlagern für hoch­aktive Abfälle. Allerdings können diese Eigenschaften in der ersten Phase nach dem Verschluss des Tiefenlagers, wenn komplexe thermo-hydro-mechanische-chemische (THMC) Prozesse auf­treten, ungünstig beeinflusst werden. Insbesondere könnten sich durch die Zerfallswärme des ein­ge­lagerten Abfalls induzierte Korrosionsprozesse negativ auf die Integrität und sicherheits­tech­nischen Eigen­schaften der Verfüllung auswirken. Solche Prozesse werden durch die Redox­bedingungen stark beeinflusst, die anfänglich oxidierend und – sobald der freie Sauerstoff aufge­braucht ist – reduzierend sind. Bislang wurden die erwähnten Auswirkungen und zugrunde liegenden Prozesse noch nicht im Detail untersucht.

Zum verbesserten Verständnis der Integrität und des Langzeitverhaltens von Ben­tonit­ver­füllun­gen wurde 2006 unter Beteiligung eines internationalen Konsortiums und unter der Leitung von SKB der "Alternative Buffer Materials (ABM)" Versuch im Äspö Hard Rock Laboratory (HRL) lanciert. Der Versuchsaufbau umfasste eine Anordnung von Bohrungen, in denen ver­schie­dene Bentonitmaterialien als übereinander gestapelte Ringe um ein Heizelement aus Kohlen­stoffstahl eingebaut wurden. Der vorliegende Bericht dokumentiert die Arbeiten im Rahmen des Material­pakets ABM2, welches für fünf Jahre Temperaturen bis zu 130° C ausge­setzt und künst­lich auf­gesättigt wurde. Auch wenn das ABM Experiment nur bedingt die Entwicklung eines Tiefenlagers widergibt, wird es als geeignetes Experiment erachtet, um die Entwicklung der Temperatur- und Redoxeigenschaften während der ersten Phase nach dem Ver­schluss des Lagers besser zu verstehen. Die realistischen Temperaturen und kleineren Dimen­sionen des Experiments sollten zu leicht ausgeprägteren wärme- und korrosionsinduzierten Effekten führen. Darüber­hinaus sollten die dabei verwendeten unterschiedlichen Bentonit­mate­rialien ver­schie­dener Mineralogie, Schichtladungen und Eisengehalte einen umfas­sen­deren Einblick in die ver­schiedenen involvierten Prozesse geben.

Das übergeordnete Ziel dieser Studie war es, ein verbessertes Verständnis des kombinierten Ein­flusses von Wärme und Korrosion auf die sicherheitstechnischen Eigenschaften der Bentonit­ver­füllung unter Tiefenlager-relevanten Bedingungen zu erlangen. Dadurch sollte eine solidere Grundlage für die Eingrenzung der Sicherheitsfunktionen der Bentonitverfüllung während der Lebensdauer eines geologischen Tiefenlagers geschaffen werden. Die Studie fokussierte insbe­sondere auf die Untersuchung der Stahl/Bentonit-Kontaktflächen, die im Hinblick auf das Nah­feld des Lagers realistischen Redoxbedingungen ausgesetzt wurden. Ein wichtiger Aspekt war dabei die Verbesserung der Charakterisierungsmethodik für Fe-Bentonit-Grenzschichten.

Zur detaillierten Untersuchung der Redoxentwicklung und der Auswirkungen von Temperatur und Korrosion auf die verschiedenen Bentonit­materialien wurde ein neuartiger Multi-Methoden-Ansatz entwickelt und angewendet. Dabei wurde sorgfältig darauf geachtet, dass während der Probenaufbereitung und -analyse die anoxischen Bedingungen aufrechterhalten werden konnten. Mit Rasterelektronenmikroskopie (REM) gekoppelt mit Energiedispersiver Röntgenspek­tro­skopie (EDX), m-Raman-Spektroskopie, Röntgendiffraktion (XRD), Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) und 57Fe Mössbauer-Spektrometrie wurden insgesamt 8 Bentonitmaterialproben und 11 Proben aus der Kontaktfläche Stahl/Bentonit analysiert.

Die wichtigsten Ergebnisse lauten:

  • Die angewendete Methodik ergab einen umfassenden und konsistenten Datensatz verschie­dener Bentonitmaterialien und ermöglichte es, diesen kohärent auszuwerten trotz komplexer Ereignisse beim In situ-Experiment.
  • Die identifizierten Prozesse sind mit denjenigen aus früheren In situ-Experimenten in den Felslabors Äspö und Grimsel vergleichbar. Darüberhinaus ermöglichte die vorliegende Studie ein verbessertes Verständnis der Fe/Bentonit-Wechselwirkung unter Tiefenlager-rele­vanten Verhältnissen.
  • Die Korrosion des Heizstabes induzierte eine Fe-Front, die sich ca. 5 – 20 mm tief in den benachbarten Ben­tonit erstreckte, eine Ausnahme davon war Rokle-Bentonit (hoher Fe-Gehalt), bei dem keine Fe-Zunahme erfolgte. Bei dieser Fe-Akkumulation bildeten Fe(III)-Oxide den wich­tigsten Anteil. Zudem wurde etwas Fe(II) (nicht dem Originalmaterial zugehörig) ange­troffen, dessen Herkunft allerdings noch nicht identifiziert werden konnte. Dieses zusätzliche Fe(II) diffundierte tiefer in den Bentonit. Die nachgewiesene Fe-Speziierung untermauert die Wich­tigkeit von aerober Korrosion, zeigt aber auch, dass anaerobe Korrosion nach dem Abbau von O2 im System auftritt. Es wird ein phänomenologisches Modell für die Korrosionsentwick­lung und Eisen/Bentonit-Wechselwirkungsprozesse vorgeschlagen.
  • Die Fe-Profile im Ton konnten hinreichend genau mittels eines empirischen bimodalen Diffu­sionsmodells reproduziert werden. Der Modellansatz und die abgeleiteten Diffusionskoeffi­zienten sind konsistent mit denjenigen einer vorhergehenden Studie zu Fe(II) in Bentonit. Das einfache Diffusionsmodell widerspiegelt allerdings nicht die zugrundeliegenden Mechanis­men, die neben Diffusion auch Sorption, Ausfällung und Redoxreaktionen berücksichtigen.
  • Kationenaustauschreaktionen zwischen Na+, Ca2+, Mg2+ und K+ treten im Materialpaket sowohl horizontal als auch vertikal durch diffusive Equilibrierung mit künstlichem Äspö-Wasser auf. Die Kationenaustauschkapazität (CEC) zeigt fast keine Änderungen in Abhän­gigkeit von der Entfernung zur Eisen- und Wärmequelle.
  • In der Nähe des Heizelements reicherte sich Mg und CaSO4 deutlich an. Solche Akkumula­tionen waren besonders ausgeprägt, wo aufgrund eines unbeabsichtigten Druckabfalls sich eine Damphase bildete und zu Säumen von Mg-Sulfat und Anhydrit führte. In anderen Bereichen wurde Mg ebenfalls bevorzugt in der Nähe des Heizelements ausgefällt, dies würde das beobachtete Muster von gesamtem zu aus­tauschbarem Mg im Materialpaket erklären.
  • In keiner der Proben, die verschiedene Smektit-Typen enthalten, wurden Anzeichen von Smektit-Alterierung gefunden. Dies wird auch durch die nahezu konstanten CEC-Werte und konstanten Al/Si-Verhältnisse in Richtung Heizelement unterstützt und zeigt in Überein­stimmung mit Beobachtungen aus anderen In situ-Experimenten, dass Smektit auch unter Tiefenlager-relevanten Bedingungen stabil ist.
  • Es wurden erste Tests zu den Auswirkungen der Reduktion von strukturellem Fe in Mont­morillonit auf CEC und Quelldruck durchgeführt. Dabei wurde ein synthetisches Material (PG-V1) verwendet. Diese ergaben keinen Effekt auf CEC durch die Reduktion von struk­turellem Fe.