Technical Report NTB 15-03

Colloid Formation and Migration Project: Site instrumentation and initiation of the long-term in-situ test

Das Projekt Colloid Formation and Migration (CFM, Bildung und Migration von Kolloiden) im Fels­labor Grimsel trägt zu einer Reihe von Experimenten bei, die im Rahmen der Unter­suchungsphase VI im Hinblick auf endlagerrelevante Randbedingungen durchgeführt werden. Es umfasst die Untersuchung der Kolloidbildung/Bentoniterosion, der Mischungszone von Grund­wasser und Porenwasser, der Kolloidmigration und -filtration sowie des kolloidgetragenen Radio­nuklidtransports.
 

Die CFM In situ-Experimente werden in einer gegenüber dem ungestörten Gestein höher perme­ablen Scherzone durchgeführt, die in der Vergangenheit bereits mehrfach für Tracer-Migrations­versuche zur Untersuchung des bentonitkolloid- und kolloidgetragenen Radio­nuklid­transports genutzt wurde. Die Kolloid-Tracerversuche wurden in einfacher Dipolanordnung mit ca. 2 m Abstand zwischen den Bohr­loch­inter­vallen und relativ hohen Durchflussraten realisiert. Für die konservativen Spezies resul­tierten daraus Transportzeiten von unter einer Stunde. Ziel der CFM In situ-Experi­mente ist es, die Ergebnisse auf Zeitskalen von Wochen und Jahren zu übertragen und den Prozess der Kolloidbildung unter für Tiefenlager realistischen Bedingungen – d. h. bei relativ niedrigen Gradienten und Strömungsgeschwindigkeiten – zu untersuchen. Für die ent­sprechen­den Strömungs­bedingungen mussten eine bzw. mehrere gut steuerbare Dipol­anord­nun­gen mit niedrigem Gradienten bei gleichzeitig hoher Wiederfindungsrate entwickelt werden. Dies gelang erfolgreich dank eines neuartigen Tunnel-Packer-Systems. Die Hauptziele dieses Berichts sind es, dieses System zusammen mit der gesamten Instrumentierung, die am CFM Ver­suchs­standort vorbereitend für den Long-term In-Situ Test (LIT, Langzeit In situ-Versuch) installiert wurde, vorzustellen sowie den Beginn des LIT im Mai 2014 zu beschreiben.

Das Tunnel-Packer-System, wie es gegenwärtig am CFM Versuchsstandort im Einsatz ist, wurde im Laufe eines Jahrzehnts konzipiert, implementiert und optimiert. Es besteht aus (1) Ober­flächen­packern, welche die Zuflüsse aus den Hauptzutritten der Scherzone in den Tunnel erfassen, kon­trol­lieren und aufzeichnen, (2) einer Harzschicht auf der Tunnelwand, die den Zufluss aus der Gesteinsmatrix sowie aus den geringpermeablen Bereichen der Scherzone ver­hin­dert, (3) dem 5 m langen Megapacker, der zum einen die Harzschicht mechanisch stabilisiert und zum anderen Scherzone und Tunnel hydraulisch voneinander trennt und (4) einer Kontroll­ein­heit, die es ermöglicht, den Fluss mittels den Oberflächenpackern zu steuern sowie die physiko-chemischen Eigenschaften des Wassers aufzuzeichnen. Neben den neun Bohrungen, die aus Vorgängerprojekten zur Verfügung stehen, wurden weitere fünf Bohrlöcher erstellt, um die spezifischen Anfor­derungen für die CFM Experimente erfüllen zu können. Alle Bohrungen sind mit einem Multi-Packer-System ausgestattet.

Die Betriebs- und Überwachungsinstallation umfasst Druckaufnehmer für die Packer-Systeme, einen Durchflussregler zur Messung und Anpassung der Zuflussraten aus der Scherzone, einen diffe­renziellen Druckaufnehmer für die hochauflösende Messung des hydraulischen Gradienten, hydrochemische Sensoren und Fluorometer für die Überwachung der Tracerversuche, einen auto­matischen Probennehmer, ein Datenakquisitionssystem, Sensoren zur Erfassung der klima­tischen Bedingungen im Tunnel und Strahlenschutzeinrichtungen. Radionuklid/Kolloid-Proben werden mit Hilfe eines Spektrometers in der kontrollierten Atmosphäre einer Handschuhbox ent­nommen, um Oxidationsprozesse zu minimieren.

Die Senkung des Zuflusses aus der Scherzone in den Tunnel führte unverzüglich zu einem signi­fikant niedrigeren Gradienten in der Scherzone. Insgesamt wurden 27 CFM Tracerversuche unter kontrollierten Randbedingungen durchgeführt, unter anderem um das Tunnel-Packer-System wiederholt zu testen. Letztlich hat sich das System als flexibles und verlässliches Instru­ment zur Steuerung der hydraulischen Gradienten in der Scherzone bewährt. Seit 2009 variierten die hydraulischen Verhältnisse zwischen einem nahezu vollkommenen Verschluss (3 ml/min Flussrate) und einem freien Zufluss, als die Bohrungen offen standen. Das System hat ohne Anzeichen von signifikanten Undichtigkeiten durchgehend gut funktioniert und bewies dabei, dass sämtliche Anforderungen des LIT hinsichtlich seiner Eignung und Robustheit erfüllt werden.

Für den LIT bestand die Quelle aus vorgefertigten, stark kompak­tierten Bentonitringen, die mit Radio­nukliden, synthetischen Tonen und konservativen Tracern dotiert wurden. Die Ringe wurden an einem speziell für diesen Zweck entwickelten Multi-Packer-System befestigt und in ein Bohrlochintervall, welches die Scherzone in einem mittels Oberflächenpacker kontrollierten Strömungsfeld durchteuft, ein­gebracht. Bentonitkolloide, die durch Quellen und Erosion der dotierten Bentonitringe ent­stehen, migrieren dabei in den Bereich der Scherzone. Probennahmen aus den in unmittelbarer Nähe abgeteuften drei Monitoring-Bohrungen erlauben es, die Ent­wicklung der Chemie und des Kolloid­gehalts des Grundwassers im Bereich der Quelle zu ver­folgen. Gleiches gilt für den Gesamt­fluss, der am Pinkel Oberflächenpacker beprobt wird.

Nach Abschluss des LIT, Anfang 2018, wird über die drei Monitoring-Bohrungen Harz injiziert, um die Quelle und die Scherzone zu stabilisieren. Es ist geplant, das Intervall anschliessend zu überbohren, um die Quelle und umgebendes Gestein für weitere Untersuchungen zu entnehmen.