Arbeitsbericht NAB 18-36

Preliminary horizon and structure mapping of the Nagra 3D seismics ZNO-97/16 (Zürich Nordost) in time domain

Im Rahmen des Sachplans geologische Tiefenlager (SGT) untersucht die Nagra gegenwärtig drei Standortregionen in der Nordschweiz. Zu diesen Untersuchungen gehören auch drei 3D-seismische Messkampagnen, welche die Nagra von 2015 bis 2017 durchführte. Der vorliegende Bericht fasst die erste Kartierung von seismischen Horizonten und Strukturen der neu zur Verfügung stehenden 3D-Seismik ZNO-97/16 zur Charakterisierung des Standortgebiets Zürich Nordost zusammen. Die interpretierte 3D-Seismik deckt ein Gebiet von 53 km2 ab. Sie setzt sich aus seismischen Messungen zusammen, die 1996/97 und 2016 aufgenommen und im Zuge der anschliessenden seismischen Datenaufarbeitung bereits im Vorfeld der hier dokumentierten Interpretation zusammengeführt wurden.

Die hier präsentierte 3D-Seismik-Kartierung von Horizonten und Strukturen wird in der Zeitdomäne ausgeführt. Ihre geologische Kalibrierung basiert im Fall der 3D-Seismik ZNO-97/16 auf der bereits bestehenden Tiefbohrung Benken. Die Verfeinerung der Datenaufarbeitung inklusive einer Tiefenmigration unter Berücksichtigung weiterer, in Planung befindlicher Tiefbohrungen steht noch aus. Aus diesem Grund werden die aktuellen Ergebnisse als vorläufig erachtet.

Der vorliegende Bericht fasst den gegenwärtigen Stand der Interpretation zusammen und soll eine strukturelle Übersicht der Standortregion mit Schwerpunkt auf grössere Strukturen verschaffen. Er soll verschiedenen Planungsaspekten innerhalb SGT Etappe 3 dienlich sein, vor allem jener, die mit der vorgesehenen Tiefbohrkampagne in der Standortregion ZNO (z. B. Entwicklung eines Arbeitsprogramms für die Bohrungen) sowie mit der grundlegenden Anordnung der Zugangsbauwerke zum geologischen Tiefenlager in Verbindung stehen.

Das synthetische Seismogramm der Tiefbohrung Benken wurde während dieser Studie unter Berücksichtigung der neu verarbeiteten und 3D-seismischen Daten überarbeitet. Bei der darauf basierenden Verknüpfung von Bohrlochdaten mit der 3D-Seismik wurde ein Korrelationskoeffizient von ca. 70 % erzielt. Für die Kartierung der 3D-Seismik ZNO-97/16 wurden acht seismische Markerhorizonte definiert.

Die weiteren Interpretationsarbeiten wurden mit Hilfe der Petrel-Software ausgeführt. Die Kartierung der seismischen Markerhorizonte erfolgte zunächst weitgehend manuell entlang eines regelmässigen Rasters auf jeder fünften Längs- und Querlinie (Inline und Crossline) des seismischen Datenvolumens. Im Zuge dessen wurden auch Störungen interpretiert, wobei der Fokus auf grössere Störungen mit vertikalen Versätzen von > 10 ms gelegt wurde. Für die Interpretation der Störungsverläufe wurden zusätzlich Horizontscheiben aus seismischen Attributvolumen verwendet, welche im Rahmen des Interpretationsprojekts berechnet wurden. Auf Basis der manuellen Rasterkartierung wurde die Horizontinterpretation der 3D-Seismik unter Anwendung von automatischen Suchalgorithmen (autotracking) vervollständigt.

Die meisten der definierten Markerhorizonte erwiesen sich über das gesamte Untersuchungsgebiet als gut identifizier- und verfolgbar. Nennenswerte Ausnahmen betreffen den Horizont Basis Tertiär, dessen interpretierter Verlauf nicht mit seinem Oberflächenausbiss in Übereinstimmung gebracht werden kann was auf noch nicht restlos gelöste statische Korrekturen der seismischen Daten in diesem Bereich zurückgeführt wird. Der Horizont Top Gipskeuper ist von einer scheinbaren Änderung der Seismofazies im südöstlichen Bereich des seismischen Datenvolumens betroffen. Auch die Markerhorizonte Basis Malm, Top Opalinuston und Top Muschelkalk waren lokal nur schwer interpretierbar. Zeitintervallkarten auf Basis der kartierten Horizonte zeigen im Standortgebiet Zürich Nordost zum Teil Variationen, was auf lateral ändernde Schichtmächtig keiten hinweist, die mit einem sedimentologischen Fazieswechsel einher gehen können. Da die seismischen Daten und ihre Interpretation aktuell aber nur in der Zeitdimension vorliegen, sind derartige Hinweise gegenwärtig noch mit Vorsicht zu bewerten.

Zu den Hauptstrukturen im Untersuchungsgebiet gehören die bereits bekannten Neuhausen- Störung, die Wildensbuch-Flexur, die Trüllikon-Antiklinale, die Rafz – Marthalen-Flexur und die Strukturzone von Niderholz. Letztere stellt eine sehr komplexe Zone dar, die durch eine polygonale Störungsgeometrie gekennzeichnet ist und im Rahmen der hier vorgestellten Studie noch nicht bis ins letzte Detail interpretiert wurde. Eine weitere grössere Struktur wurde im Verlauf dieser Interpretation neu definiert und hier als Uhwiesen-Störung bezeichnet. Sie durchquert den nördlichen Teil der Standortregion in NW-SE Richtung (parallel zur Neuhausen-Störung). In ihrer vertikalen Ausdehnung, deren Bestimmung sich zum Teil als schwierig erweist, ist sie grösstenteils auf Einheiten der Trias beschränkt.

Neben diesen Strukturen, die von deutlichen Reflexionsdiskontinuitäten und/oder Flexuren gekennzeichnet sind, bestätigte sich, dass die Standortregion ZNO von mehreren nach NNE-SSW orientierten Lineamenten durchzogen wird. Diese Strukturen sind nur mir sehr geringen Vertikalversätzen assoziiert (unterhalb der vertikalen Auflösung der seismischen Daten), und ihre tektonische Bedeutung muss noch weiter analysiert werden.

Insgesamt bestätigte die vorläufige Horizont- und Strukturkartierung der 3D-Seismikdaten ZNO-97/16 die prinzipiellen strukturellen Eigenschaften des Standortgebiets Zürich Nordost weitgehend. Weil in diesem Standortgebiet bereits seit längerem 3D-Seismikdaten vorhanden sind, bestand hier die Möglichkeit, die aktuellen Ergebnisse mit vorhergehenden 3D-seismischen Interpretationen zu vergleichen. Bezüglich der Hauptstrukturen zeigt dieser Vergleich eine sehr gute Übereinstimmung. Betreffend kleinere Störungen zeigen sich zum Teil Unterschiede zwischen den Interpretationen, die in erster Linie auf unterschiedliche Kartierungskriterien zurückgeführt werden. Es ist vorgesehen, diese Kriterien im Zuge der weiterführenden Analyse der seismischen Daten kritisch zu prüfen und zu verbessern. Weiterführende Interpretationsarbeiten der ZNO-97/16 3D-Seismik sollen sich mit Seismofaziesanalysen und einer detaillierteren Interpretation der bereits identifizierten, aber kinematisch noch nicht analysierten Störungsstrukturen (z. B. die obengenannten Lineamente und die Strukturzone von Niderholz mit ihren auffälligen polygonalen Störungsgeometrien) befassen. Ein Thema, das im Rahmen der hier dokumentierten Horizont- und Strukturkartierung ebenfalls noch nicht behandelt wurde, betrifft die Interpretation des Grundgebirges. Diese und weitere Aspekte werden im späteren Verlauf des SGT unter Berücksichtigung der gegenwärtig laufenden Verfeinerung der seismischen Daten und zusätzlicher geologischer Informationen aus den geplanten Tiefbohrungen vertieft untersucht werden.