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«Müssen noch viel Arbeit leisten»


Am 12. September hat die Nagra ihren Standortvorschlag kommuniziert. Noch in der gleichen Woche wurde auf dem Bohrplatz in Windlach der Infopavillon eröffnet. Zeit für eine Zwischenbilanz.

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Lukas Oesch ist Leiter Public Affairs bei der Nagra. Mit seinem Team ist er zuständig für den Infopavillon an der Steinacherstrasse 1 in Windlach. Hier auf dem Bohrplatz kann sich die Bevölkerung jeden Mittwoch und Freitag von 13 bis 18 Uhr über das geplante Tiefenlager informieren und mit Mitarbeitenden der Nagra sprechen. Im Interview spricht Oesch über die bisherigen Erfahrungen aus dem Infopavillon.

Die Nagra hat Nördlich Lägern als Standort für das Tiefenlager der Schweiz vorgeschlagen. Seit Bekanntgabe sind ein paar Wochen vergangen. Wie ist die Stimmungslage in der Gemeinde Stadel aktuell?
Lukas Oesch: Aus meiner Sicht haben sehr viele Einwohnerinnen und Einwohner erstaunlich sachlich reagiert. Nach einem ersten Schock wollen nicht wenige Menschen aus der Region nun mitarbeiten und mitgestalten.

Was ist das Konzept hinter dem Infopavillon und was will die Nagra damit erreichen?
Wir wollen mit dem Infopavillon die Meinungsbildung unterstützen. Nach dem Besuch sollten die Besucherinnen und Besucher eine persönliche und begründete Meinung zum Tiefenlager haben.

Betreibt mit seinem Team den Infopavillon in Windlach: Lukas Oesch, Leiter Public Affairs bei der Nagra.

Die Besucherinnen und Besucher sollen auch ihre Sorgen und Ängste äussern. Welche Themen beschäftigen die Menschen am meisten?
Ich würde sagen, die Fragen und Meinungen lassen sich in drei Themengruppen einteilen:

Erstens, ganz grundlegende Fragen wie ‘Was baut die Nagra ganz genau? Wie sieht ein geologisches Tiefenlager aus? Wie will die Nagra die radioaktiven Abfälle einlagern?’

Zweitens: Fragen betreffend Sicherheit. Zum Beispiel ‘Wie stellt ihr sicher, dass das Tiefenlager sicher ist?’ Da geht es um Themen wie Rückholbarkeit, Pilotlager oder Abbruchkriterien, aber auch um unabhängige Experten.

Und drittens sind es Fragen zur unmittelbaren und mittelfristigen Zukunft. ‘Wie bin ich von all dem betroffen und wie geht es nun weiter? Wo fahren die Lastwagen während dem Bau des Lagers und während der Einlagerung der Abfälle durch und wie viele Gastarbeitende kommen in die Region?’ Und natürlich interessiert auch, was mit den Liegenschaftspreisen und den Steuern passiert.

Welche Frage wurde am häufigsten gestellt?
Am häufigsten ging es um die Liegenschaftspreise und darum, wer die Interessen der Gemeinde vertritt.

… und was sind Ihre Antworten darauf?
Wir können nur darauf hinweisen, dass beispielsweise die Preise in Würenlingen nach dem Bau des Zwischenlagers nicht gesunken sind. Das Bundesamt für Energie beobachtet die Immobilienpreise seit mehr als zehn Jahren und wird das auch weiterhin beobachten. Was die Interessen der Gemeinde angeht: Da ist einerseits der Gemeinderat zu nennen, andererseits aber auch die Regionalkonferenz.

Welche Begegnung ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Zwei Schulbuben kamen zu mir in den Container. Sie hatten keinerlei Vorwissen. Die beiden sind dann fast eine Stunde lang geblieben, haben konzentriert zugehört und sehr gute Fragen gestellt. Zwei Wochen später kamen sie erneut vorbei. Dieses Mal sehr gut vorbereitet und mit einer Reihe kritischer Fragen. Das hat mich gefreut und beeindruckt.

 

Der Infopavillon in Windlach

Besuchen Sie uns


Ausserhalb der Öffnungszeiten sind auf Anmeldung auch Gruppenführungen möglich.

Das Tiefenlager ist ein Jahrhundertprojekt und es gibt viele Fragen, die heute noch nicht beantwortet werden können. Haben die Menschen Verständnis dafür?
Nur teilweise. Viele Besucherinnen und Besucher stellen sich vor, dass wir nächstes Jahr mit dem Bagger auffahren, und sind dann überrascht, dass die Planung noch nicht so weit fortgeschritten ist. Das zeigt mir, dass wir mit dem Infopavillon noch viel Arbeit leisten müssen.

Gibt es Menschen, die im Bau des Tiefenlagers Chancen für ihre Region sehen?
Ja. Vor allem das angedachte Besucherzentrum gibt viel zu reden. Ich habe schon von Ideen gehört, die eine Art Kulturzentrum vorsehen. Auch Synergien für die Gemeinde mit dem Bau der Infrastruktur werden generell als Chance wahrgenommen, beispielsweise in Bezug auf die Wasserversorgung, grosse Zufahrtsstrassen oder Stromleitungen.

Im Infopavillon werden Fragen gestellt, Anliegen deponiert, aber auch Ideen platziert.
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