Arbeitsbericht NAB 14-16

Long-term Evolution of the Engineered Gas Transport System

Ein "Engineered Gas Transport System" (EGTS), d.h. ein System aus Verfüll- und Versiegelungsbauwerken zur kontrollierten Ableitung von Gasen entlang der Zugangsbauwerke, ist eine Möglichkeit, um den Gasdruck in den Lagerkammern eines geologischen Tiefenlagers für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA) bzw. für langlebige mittelaktive Abfälle zu begrenzen. Der vorliegende Bericht untersucht, ob ein geeignet ausgelegtes EGTS über einen Zeitraum von 100'000 Jahren wie vorgesehen funktioniert, unter Berücksichtigung der massgeblichen chemischen Prozesse.

Es ist vorgesehen, die Hohlräume in den SMA-Lagerkammern mit hochporösem Zementmörtel und die Zugangsbauwerke mit Sand/Bentonitmischungen zu verfüllen bzw. zu versiegeln. Wenn sich beide Materialien in direktem Kontakt befinden, besteht die Möglichkeit, dass langfristige mineralogische Umwandlungen den Porenraum in der Kontaktzone verschliessen. Im Extremfall könnte der Porenraum undurchlässig für Gas werden. Eine wahrscheinliche Reaktion ist die Bildung von Calciumsilikathydraten (C-S-H). Das benötigte Calcium wird aus dem Mörtel freigesetzt und diffundiert zur Kontaktzone, wo es mit Silizium reagiert, das aus Auflösungsprozessen in den Sand/Bentonitmischungen unter dem Einfluss von basischen Zementwässern stammt. Eine Übergangsschicht, die aus geeigneten Materialien besteht und einen ausreichenden Abstand zwischen den zementhaltigen Materialien und der Sand/Bentonitmischung gewährleistet, ist eine Möglichkeit, die nachteiligen Mineralreaktionen zu vermeiden oder zumindest abzuschwächen.

Im vorliegenden Bericht wird ein beispielhaftes EGTS mit einer Übergangsschicht aus Kalksteinschotter (mit Calcit als Hauptbestandteil) untersucht. Zusätzlich wird angenommen, dass auch der Zuschlagsstoff des Verfüllmörtels aus dem gleichen Material besteht. Calcit ist in kleinen Anteilen im Opalinuston, im Zement und im Bentonit enthalten und diese Materialien sind chemisch mit Calcit im Gleichgewicht. Geochemische Gradienten zwischen zementhaltigen Materialien und anderen Verfüllmaterialien können allerdings auch durch eine solche Materialwahl nicht vollständig vermieden werden. Der Einfluss solcher Gradienten auf die Entwicklung der Mineralogie und Porosität in den verwendeten Materialien wird mit Hilfe von state-of-the-art numerischen Modellrechnungen illustriert, welche chemische Prozesse und Stofftransport miteinander koppeln. Zwei Modellierungsansätze wurden verwendet: Vereinfachende 1-D-Modelle wurden für die Berechnung von Mineralreaktionen in Kombination mit diffusivem Stofftransport in vollständig wassergesättigten Medien angewendet. Ein aufwändigerer 2-D-Modellansatz wurde zur Berechnung von Mineralreaktionen auf Grund von diffusivem und advektivem Stofftranport in nur teilweise wassergesättigten Systemen verwendet.

Die 1-D-Modelle für das beispielhafte EGTS zeigen auf, dass die Porositätsänderungen, verursacht entweder durch Austausch von Mineralphasen mit anderen Phasen, welche ein anderes molares Volumen haben, oder durch räumlich verteilte Ausfällung von Mineralien aufgrund der Mischung von Porenwässern aus den verschiedenen Materialien, relativ geringfügig sind. Sowohl in den zementhaltigen Materialien als auch in den Sand/Bentonitmischungen sind Mineralauflösungs- und Mineralneubildungsfronten sichtbar, die zur Bildung von C-S-H führen. Diese Mineralphasen werden allerdings nicht lokalisiert an Materialgrenzflächen abgelagert, sondern sie werden räumlich verteilt in der Übergangsschicht ausgeschieden. Die Computersimulationen zeigen nur geringfügige Änderungen der Porosität, die nicht ausreichen, um zu einer Versiegelung des Porenraums zu führen. Die grossräumige Auflösung des Tonanteils im Bentonit könnte zu einer Beeinträchtigung der Radionuklidrückhaltung für den betroffenen Bereich der Sand/Bentonitverfüllung führen. Allerdings ist die Auflösung auf wenige Meter in einem Zeitraum von 100'000 Jahren beschränkt, so dass nur ein kleiner Teil der mit Sand/ Bentonitmischungen verfüllten und versiegelten Zugangsbauwerke betroffen ist.

Das 2-D-Modell simuliert ein Szenario mit diffusivem und advektivem Stofftransport, bei dem das Wasser von den mit Sand/Bentonit verfüllten bzw. versiegelten Zugangsbauwerken zuerst entlang der Sohle durch die Übergangschicht und dann in die mit Zementmörtel verfüllten Lagerkammern fliesst. Frühere Modellierungsstudien haben aufgezeigt, dass solche Wasserflüsse nur bis etwa 1000 Jahre nach dem Verschluss des Tiefenlagers auftreten. Das 2-D-Modell berechnet einen hypothetischen und extremen Fall, in dem angenommen wird, dass solche Wasserflüsse bis zu 100'000 Jahre andauern. Die 2-D-Modelle zeigen in dem vollständig wassergesättigten unteren Modellbereich ähnliche chemische Reaktionen wie die 1-D-Modelle. Insbesondere die Mineralreaktionen und Porositätsänderungen in den mit zementhaltigen Materialien verfüllten Lagerkammern sind in beiden Modellansätzen ähnlich. Das 2-D-Modell zeigt aber auch, dass der Umfang und die Intensität der mineralogischen Umwandlungen und der damit verbundenen Porositätsänderungen stark von der Wassersättigung abhängen. In den teilgesättigten Materialien in den oberen Bereichen des Modellgebiets fallen solche Änderungen viel geringer aus als in den vollgesättigten Materialien in den unteren Bereichen des Modellgebiets.

Der Einfluss der Dimensionierung (Länge) der Übergangsschicht auf die Entwicklung des EGTS wurde mit einer eingeschränkten Sensitivitätsstudie untersucht. Sowohl in den zementhaltigen Verfüllmaterialien als auch in den Sand/Bentonitmischungen hängt der Fortschritt der Reaktionsfronten von der Länge der Übergangsschicht ab. Längere Übergangsschichten verlangsamen die Materialauflösung (d.h. den Fortschritt der Rektionsfronten). Für die untersuchten Längen der Übergangsschicht sind Porositätsänderungen minimal. Um aufzuzeigen, welche Konsequenzen die Wahl von Materialien für das EGTS hätte, welche nicht im thermodynamischen Gleichgewicht sind, wurden auch Fälle untersucht, in welchen Quarz als alternatives Material in der Übergangschicht und als Zuschlagsstoff im Verfüllmörtel angenommen wurde. Für letzteren Fall ist die massgebliche Auswirkung die Ausfällung von grösseren Mengen an C-S-H im Verfüllmörtel. Die Ausfällungen sind aber gleichmässig im Mörtel verteilt und es gibt keine volumetrisch begründeten Hinweise, dass dies zu einem Porenverschluss führen könnte. Bei einem Rechenfall, bei dem zusätzlich auch Quarzkies in der Übergangsschicht verwendet wurde, konnten keine weiteren Änderungen in der mineralogischen Entwicklung beobachtet werden.

Die qualitativen Argumente und die quantitativen Beispielrechnungen in diesem Bericht zeigen, dass in einem geeignet ausgelegten EGTS die chemischen Reaktionen nicht zu einer signifikanten Porositätsreduktion mit einem Verlust der Gasdurchlässigkeit führen werden, und dass ein solches EGTS auch über einen Zeitraum von 100'000 Jahren wie vorgesehen funktionieren wird.

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