Arbeitsbericht NAB 13-63

Hydrochemie und Isotopenhydrogeologie von Tiefengrundwässern in der Nordschweiz und im angrenzenden Süddeutschland

Der vorliegende Bericht behandelt die oberflächennahen und insbesondere die tiefen Grund-wässer in den Sedimentaquiferen im Molassebecken, Faltenjura und Tafeljura der Nordschweiz und des angrenzenden süddeutschen Gebiets. Für die Untersuchungen wurden die bis 2002 vorhandenen hydrogeochemischen Datensätze (Schmassmann et al. 1984, Schmassmann 1990, Pearson et al. 1991, Schmassmann et al. 1992, Biehler et al. 1993, Traber et al. 2002) mit neuen ergänzt und die bisherigen Interpretationen aufgrund dieser neuen Erkenntnisse überprüft und bei Bedarf angepasst. Andererseits wurde die hydrochemische Interpretation auf das grössere Untersuchungsgebiet mit allen geologischen Standortgebieten der Nordschweiz ausgeweitet. Der Bericht liefert in Ergänzung zu den Resultaten der hydrogeologischen Modelle unabhängige Evidenzen für die Fliesssysteme in den Tiefenaquiferen. Zusätzlich liefert er Argumente für den Grundwasserstockwerkbau und allfällige Hinweise auf cross-formation flow.

Für die Beschreibung der Entwicklung der Grundwässer als Funktion von Zeit und Raum in den hydrogeologischen Einheiten im Hangenden und Liegenden potenzieller Wirtgesteinsformationen wurden mehr als 2'300 Datensätze aus der Hydrochemischen Datenbank der Nagra und diversen Projektberichten älteren (u.a. BLFW & GLA Baden-Württemberg 1991, unpublizierte Datenerhebung Malmkalk-Oberschwaben 1993/1994) und neueren Datums (u.a. Interreg IIIA 2008) zusammengestellt. Die geographische Verbreitung der Beprobungslokalitäten mit Bezug auf das Perimetergebiet und die Anzahl vorhandener Grundwasseranalysen reflektieren zu einem gewissen Grad auch die Bedeutung eines Grundwasserleiters (Molasse-Einheiten: 64 Datensätze; Malm-Aquifer: 68; Effinger Schichten: 4; Hauptrogenstein-Aquifer (inkl. Birmenstorfer Schichten und eine Probe aus der Wedelstandstein-Formation): 12; Lias: 9; Keuper-Aquifer: 39; Muschelkalk-Aquifer: 90)

Die chemische und isotopische Zusammensetzung eines Grundwassers wird durch seine Wechselwirkung mit dem Gestein und möglichen Mischungen entlang des Fliesspfades, inklusive Zusickerungen aus und diffusiver Austausch mit hangenen und/oder liegenden Schichten, bestimmt. Aufgrund der unterschiedlichen mineralogischen Zusammensetzung der Lithologien des Tertiär und Jura gegenüber denjenigen der Trias ergeben sich für die Grundwässer in diesen Einheiten typische chemische und isotopische Zusammensetzungen. Die Unterschiede bleiben bis zu einem gewissen Grad auch bei der Mischung mit dem einzigen gleichen Endglied, nämlich ehemaligem Meerwasser (konnates Wasser) erhalten. Oberflächennahe Grundwässer entwickeln sich in allen hydrogeologischen Einheiten vornehmlich in den Lithologien, von welchen sie beprobt wurden. Die Verweilzeiten im Untergrund von solchen Wässern variieren zwischen wenigen Monaten bis einigen Jahrzehnten. In den tiefen Grundwässern wird in allen hydrogeologischen Einheiten der Einfluss von Mischungen mit älteren Grundwasserkomponenten grösser. Die mittleren Verweilzeiten solcher Mischungen im Untergrund variieren über einen Bereich von wenigen hundert bis mehreren Millionen von Jahren. Einflüsse von pleistozänen, glazialen Komponenten sind in den Molasseeinheiten, dem Malm-Aquifer, dem Keuper-Aquifer und dem Muschelkalk-Aquifer ersichtlich. In den zentralen Bereichen des schweizerischen und süddeutschen Molassebeckens treten in allen hydrogeologischen Einheiten hoch mineralisierte (konnate) Tiefengrundwässer mit z.T. gegenüber Meerwasser deutlich erhöhter Mineralisation und unter mehrheitlich stagnierenden Bedingungen auf.

Die hydrochemischen Daten aus den verschiedenen hydrogeologischen Einheiten zeigen, dass die durch die Wechselwirkung mit dem Gestein erworbenen charakteristischen Unterschiede insbesondere im Molassebecken von nordöstlich des Faltenjuras bis zur Randzone des Hegau-Bodensee-Grabens ungestört vorhanden sind. In diesem Gebiet ist ein intakter Stockwerkbau vorhanden, wobei die gering durchlässigen Lithologien des Doggers, Lias und Gipskeupers die Stockwerke Tertiär/Malm-Aquifer, Keuper-Aquifer und Muschelkalk-Aquifer effizient trennen.

Über das ganze erweiterte Untersuchungsgebiet weisen die hydrochemischen Daten auf eine Kommunikation zwischen den Molasseeinheiten und dem Malm-Aquifer hin. In tektonisch beanspruchten Regionen, insbesondere am Rand zum Faltenjura, gibt es Anzeichen, dass diese Kommunikation bis in den tiefer liegenden Hauptrogenstein-Aquifer und die Birmenstorfer Schichten reicht. Eine Verbindung zu tiefer liegenden hydrogeologischen Einheiten ist aber auch hier nicht offensichtlich.

Innerhalb des Falten- und Tafeljuras liegen komplexe Verhältnisse vor und es kommt teilweise zu formationsübergreifenden Verbindungen zwischen den hydrogeologischen Einheiten der Trias, des Kristallins und des Permokarbons (z.B. Thermalwässer). Im Hegau-Bodensee-Graben scheinen solche Verbindungen aufgrund der vorliegenden Daten wiederum auf die Molasseeinheiten und den Malm-Aquifer beschränkt zu sein.

Im Raum des Hegau-Bodensee-Grabens und besonders östlich davon im süddeutschen Molassebecken ist eine gewisse Kommunikation aufgrund der hydrochemischen Verwandtschaft auch in den Tiefengrundwässern des Lias, des Keuper-Aquifers und Muschelkalk-Aquifers angezeigt. Dabei ist zu beachten, dass es sich hier um Grundwässer mit sehr hohen Verweilzeiten handelt.

Eine Überlagerung von Fliesssystemen ist zudem häufig in Exfiltrationsgebieten zu beobachten.

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