Technischer Bericht NTB 88-30
Genese, Alteration und Rezentes Fliess-System der Uranlagerstätte Krunkelbach (Menzenschwand, Südschwarzwald)
In der Uranerzgrube Krunkelbach im Südschwarzwald wurden Erzgänge, Granit in verschiedenen Umwandlungsstadien, wasserführende Zonen und Grundwasserproben mineralogisch und geochemisch untersucht und mit Gesteins- und Wasseranalysen aus der näheren und weiteren Umgebung verglichen. Diese Untersuchungen wurden durchgeführt, um die Genese und Geschichte der Lagerstätte abzuklären und um geochemische Prozesse zu untersuchen, die in einem Endlager radioaktiver Abfälle wichtig sein könnten.
Die Grube Krunkelbach liegt im Hochschwarzwald und somit im vermutlichen Einzugsgebiet eines Teils der Tiefengrundwässer im Kristallin der Nordschweiz. Das Studium der Grundwässer im Schwarzwaldkristallin kann somit wichtige Hinweise über die frühe Evolution der Tiefengrundwässer geben.
Das Wirtsgestein der Uranvererzungen ist der unterkarbonische Bärhaldegranit. Dieser hochdifferenzierte Zweiglimmergranit mit Affinität zu einem Zinngranit weist einen relativ hohen Urangehalt (14 ± 3 ppm) und einen tiefen Thoriumgehalt (12 ± 5 ppm) auf. Das Uran ist im frischen Granit vorwiegend an magmatischen Uraninit gebunden. Dieser gesteinsbildende Uraninit stellt die Quelle des in der Lagerstätte konzentrierten Urans dar.
Hochhydrothermale Umwandlungen (300 bis 400°C) im Bärhaldegranit führten zur Ausbildung von Greisen, von Arsenkies-Cassiteritäderchen und zur Chloritisierung von Biotit. Uran wurde dabei nicht mobilisiert.
Die Uranmineralisation in der Lagerstätte Krunkelbach ist an hydrothermale Erzgänge mit Quarz, Baryt, Fluorit, Pyrit, Pechblende, Hämatit (sogenannte Eisen-Barium-Formation) gebunden. Die Erzgänge weisen hohe Konzentrationen von U, Ba, Sr, Cu, Pb (radiogen), W, Y, V, Co, As, Se, S und Li (gebunden an Cookeit) auf. Das Nebengestein der Erzgänge ist hydrothermal stark umgewandelt: Plagioklas, Kalifeldspat und Biotit wurden illitisiert.
Die Entstehung der Lagerstätte im Oberkarbon wird auf die Wechselwirkung von aufsteigenden, reduzierenden Hydrothermen mit relativ oberflächennahen, oxidierenden, tiefthermalen Lösungen erklärt. Die Uranmineralisation bildete sich durch Mischung der beiden Lösungen oder durch Reaktion der oxidierten Lösungen mit sulfidischem Erz. Die Bildungstemperaturen lagen nach mikrothermometrischen Untersuchungen an fluiden Einschlüssen und nach Sauerstoffisotopenwerten hydrothermaler Mineralien zwischen 100 und 300°C. Die Salinität lag bei 0 bis 7.9 eq.% NaCI und das aufsteigende Fluid hatte ein δ18O von +7 bis +10 ‰ (relativ zu SMOW) und ein δD von -60 bis -100 ‰. Starke Schwankungen von Temperatur und Fluidzusammensetzung werden durch tektonisch bedingte, episodische Aktivität des hydrothermalen Systems, verbunden mit schnellem Aufsteigen und Kochen der Hydrothermen, erklärt. Während tektonisch ruhiger Phasen war das hydrothermale System wenig aktiv, und es gibt Anzeichen dafür, dass die Oxidation von Sulfiden im Erz während hydrothermal inaktiver Phasen durch Mikroorganismen unterstützt worden sein könnte.
Zu einem späteren Zeitpunkt wurde die Lagerstätte durch hochsaline Na-CaCl-Lösungen (> 20 eq.% NaCI, 150 bis 200°C, δ18O 0 bis +5 ‰, δD -40 bis -52 ‰) überprägt. Dieses Ereignis ist altersmässig mit dem tertiären Pb-Verlust von Pechblenden und mit der ebenfalls alttertiären Intrusion von Olivinnephelinitgängen zu korrelieren und steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Bildung des Oberrheingrabens.
K/Ar-Altersbestimmungen an Illiten ergaben Alter von 120 bis 208 Ma. Diese Werte sind als Mischalter zwischen dem oberkarbonischen Primäralter der Lagerstätte, der tertiären Überprägung und Einflüssen des rezenten Fliesssystems zu interpretieren. Die K/Ar-Alter korrelieren positiv mit den δD-Werten der Illite. Die K-Ar-Alter sind in diesem Fall nicht geeignet, das Primäralter der Lagerstätte zu eruieren.
Die Oxidation der Lagerstätte mit der Bildung von Eisenhydroxiden, Uranylmineralien, Kaolinit, Beidellit und dem Ba-AI-Phosphat Gorceixit ist nach Datierungen an cogenetischen sekundären Uranmineralien mindestens 260 bis 340 ka alt. Kaolinit, Beidellit und Goethit der Oxidationsphase weisen Werte stabiler Isotope auf, die für eine Bildung in Wasser sprechen, welches gegenüber dem heutigen Grundwasser schwerer war (wärmeres Klima).
Der Haupturanträger der Lagerstätte, Pechblende (UO2), wurde durch die tertiäre hydrothermale Überprägung und die Lagerstättenoxidation beeinflusst. Die hydrothermale Beeinflussung bewirkte bevorzugt bei faserig ausgebildeter Pechblende einen starken Verlust von radiogenem Pb und eine Aufnahme von Ca. Bei der Oxidation der Pechblende entwickelt sich eine Mikroporosität, und es findet eine Neubildung von Uranylphasen statt. Im Gegensatz zur hydrothermalen Überprägung ist Pb während der Oxidation weitgehend immobil; die Pechblenden nehmen sogar noch Pb aus der Umgebung auf.
Neben Pechblende sind Schichtsilikataggregate aus Illit und Cookeit im primären Erz Uranträger. Im oxidierten Erz ist Uran an Uranylminerale, Eisen- und Manganhydroxide und an Tonminerale gebunden.
Die Hydrogeologie der Grube Krunkelbach ist durch die bergmännischen Arbeiten gestört. Das ausgepumpte Wasser (20 bis 30 l/s) entspricht rund 14 % des im oberflächlichen Einzugsgebiet von 3.7 km2 gefallenen Niederschlags. Anhand der Wassertemperaturen und der Tritiumgehalte ist anzunehmen, dass alle beprobten Wässer Mischungen von vor 1953 infiltriertem mit rezentem Oberflächenwasser darstellen. Die stabilen Isotope der Grundwässer sind im Einklang mit der regionalen mittleren Jahrestemperatur von 4 bis 5°C. Die N2- und Ar-Gehalte deuten auf eine Infiltration auf 1300 bis 1500 m Höhe auf dem Feldberghochplateau.
Die wichtigsten Wasserfliesswege sind hydrothermal verkieselte, tektonische Störungen. Diese entsprechen dem auch im Kristallin der Nordschweiz am häufigsten angetroffenen Typ von Wasserfliesswegen. Die am stärksten wasserführende Zone ist die Krunkelbachstörung, welche nur wenige Meter nordöstlich parallel neben dem grössten Uranerzkörper (Gang 2) liegt.
Die wichtigsten gelösten Stoffe im Grundwasser sind Ca2+, Na+, HCO3- und SiO2. Diese Stoffe machen im Mittel 86 % des Analysentotals aus. Der Hauptelementchemismus kann im Wesentlichen durch die Hydrolyse von Plagioklas und durch Calcitlösung erklärt werden. Calcitlösung muss auch aufgrund der 13C- und 14C-Werte der Wässer angenommen werden. Die Grundwässer sind oxidierend (8.2 bis 9.4 ppm O2). Die jüngeren (tritiumreicheren) Wässer sind generell weniger mineralisiert als die älteren (tritiumärmeren). Der Hauptteil der beprobten Grundwässer ist nicht mit dem Erz im Kontakt und weist relativ niedrige Urangehalte von 4 – 80 ppb (Mittel 18 ppb) und gleichbleibend tiefe Sulfatgehalte von Niederschlagsniveau auf. Im Erz fliessende Wässer haben Urangehalte von einigen 1000 ppb und deutlich erhöhte Sulfatgehalte.
Radium (226Ra) wird bei der heutigen Erzoxidation nicht mobilisiert, sondern durch Copräzipitation an Baryt gebunden. Junge Baryte weisen eine gegenüber Pechblende bis 4fach höhere Alphaaktivität auf.
Die mit dem Programm PHREEQE berechneten Sättigungsindizes der häufigsten Minerale stimmen mit den beobachteten Oberflächenbeschaffenheiten der Minerale überein. Die Wässer sind an Baryt und Chalcedon gesättigt. Die Untersättigung an sekundären Uranmineralen auch in den Wässern der Erzzone dürfte mit der Anwesenheit von rezent ausgeschiedenem, die U-Löslichkeit kontrollierendem amorphem U-AI-Si-Hydroxid zusammenhängen.
Eine erhöhte Löslichkeit von Baryt und eventuell von Ra während einer früheren Phase der Erzoxidation wird durch Korrosionsphasen in sekundärem (Oxidations)-Baryt und durch das Überwiegen von Ba-reichen Endgliedern der Autunitreihe sowie durch das häufige Auftreten des Ba-AIPhosphates Gorceixit belegt. Die erhöhte Barytlöslichkeit könnte durch bei der Pyritoxidation freigewordenes Thiosulfat bedingt sein.
Im Grundwasser der Grube Krunkelbach werden Tonminerale und amorphe Fe-Hydroxide (Fraktion > 0.2 μ) in Mengen von typischerweise 1 bis 2 ppm in Suspension transportiert. Gegenüber den in der Lagerstätte gebildeten Tonmineralen weisen diese suspendierten Tonminerale erhöhte Ti und Mg-Gehalte auf. Dies ist mit einem Transport der suspendierten Feinfraktion aus den angrenzenden Ti- und Mg-reichen Gneisen über 1 bis 2 km erklärbar.