Technischer Bericht NTB 88-20

Untersuchungen zur Standorteignung im Hinblick auf die Endlagerung schwach- und mittelaktiver Abfälle:Übersicht über die Untersuchungen der Phase I an den potentiellen Standorten Bois de la Glaive, Oberbauenstock und Piz Pian Grand

Für die Erkundung der Standorte Bois de la Glaive (VD), Oberbauenstock (UR) und Piz Pian Grand (GR) im Hinblick auf die Endlagerung schwach- und mittelaktiver Abfälle hat die Nagra 1983 dem Bundesrat die notwendigen Sondiergesuche unterbreitet. Bei allen Standorten wurde auch die Erstellung eines Sondierstollens beantragt. Der Bundesrat hat den Gesuchen am 30. September 1985 nur zum Teil stattgegeben. Bewilligt wurden Untersuchungen, soweit sie sich ohne den Bau von Sondierstollen realisieren lassen (Phase I). Der Entscheid über den Bau von Sondierstollen und über Untersuchungen aus diesen (Phase II) wurde ausgesetzt, bis die Nagra eine vergleichbare Auswertung der bewilligten Arbeiten an allen drei Standorten, ein Gesuch um vorbereitende Handlungen an einem weiteren Standort und standortsgebundene provisorische bauliche Endlager-Konzepte vorlegt. Die Nagra hat die bewilligten Untersuchungen 1986/87 soweit möglich durchgeführt und 1988 ausgewertet.

Die eingeschränkten Untersuchungsmöglichkeiten der Phase I waren für eine abschliessende Beurteilung der Standortseignung nicht ausreichend. Die Arbeiten der Nagra konzentrierten sich deshalb auf die Abklärung von potentiellen Ausschlussgründen für den jeweiligen Standort, d. h. auf die Überprüfung der wichtigsten, sicherheitsmässig relevanten geo- und hydrogeologischen Aspekte der Standortwahl. Die Ergebnisse der durchgeführten Arbeiten führten zu folgenden Schlussfolgerungen:

  • An keinem der drei Standorte ergaben sich geologische, hydrogeologische oder felsmechanische Hinweise, welche für die Sicherheit der Endlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle prohibitiv wären.
  • Am Oberbauenstock und am Piz Pian Grand ist das Fehlen von Ausschlussgründen durch Felduntersuchungen belegt, in welchen die Untersuchungsmöglichkeiten der Phase I ausgeschöpft worden sind. Eine weitere Verbesserung des Kenntnisstandes ist ohne Sondierstollen nicht möglich.
  • Am Bois de la Glaive wurden eigentliche Felduntersuchungen durch den politisch motivierten Widerstand der Gemeinde vereitelt. Immerhin hat die durchgeführte geologische Detailkartierung der Oberfläche im geologischen, hydrogeologischen und strukturgeologischen Bild keine Hinweise auf schwerwiegende Sicherheitsmängel des Standorts erbracht. Auch hier fehlen also irgendwelche Ausschlussgründe.

Die Nagra beantragt dem Bundesrat deshalb, den Vortrieb von Sondierstollen und die Erkundung des Wirtgesteins aus diesen an allen drei Standorten zu bewilligen. Am Bois de la Glaive sollen vor dem Stollenvortrieb die Untersuchungen der Phase I soweit nötig nachgeholt werden. Die Abklärungen sollen vorerst im Hinblick auf die Endlagerung kurzlebiger schwach- und mittelaktiver Abfälle geführt werden. Ferner wird beantragt, die zeitliche Koppelung der Arbeiten an den drei Standorten aufzuheben und das geforderte Gesuch für einen weiteren Standort auf die Endlagerung langlebiger mittelaktiver Abfälle zu beschränken. Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse der Untersuchungsphase I zusammen und erläutert und begründet die Anträge der Nagra an den Bundesrat.