Technischer Bericht NTB 86-03

Sondierbohrung SchafisheimGeologie

Die Sondierbohrung Schafisheim wurde im mittelländischen Molassebecken, 5 km südlich des Aargauer Faltenjuras in der Gemeinde Schafisheim, Kt. Aargau abgeteuft (Koord. 653620/246760, Höhe 421.2 m ü.M.). Sie liegt im Streichen der 13 km westlich, dem Jurasüdfuss vorgelagerten Born-Engelberg-Juraantiklinale. Die Tiefbohrung dauerte vom 26.11.83 – 29.6.1984. Bis zu einer Teufe von 960.90 m wurde überwiegend mit Rollenmeisseln gebohrt und darunter, bis zur Endteufe von 2006.5 m beinahe durchgehend gekernt. Erstmals wurden dabei aus dem mittelländischen Untergrund die bis anhin hypothetischen Abbscherungshorizonte der Jura-Hauptüberschiebung in den triadischen Evaporiten an Bohrkernen nachgewiesen.

Die 1489.84 m mächtige Sedimentstrecke gliedert sich in ein 244 m mächtiges Quartär mit Seeablagerungen, Untere Süsswassermolasse (322 m), Eozän (10 m), Malm (264 m), Dogger (239.95 m), Lias (25.60 m), Keuper (122.72 m), Muschelkalk (249.93 m) und 11.64 m Buntsandstein.

Die mesozoische Schichtreihe von Schafisheim kann gut mit derjenigen des nahen Aargauer Faltenjura korreliert werden. Als jüngste Malmeinheit wurden die Wangener Schichten des oberen Oxfordien erbohrt. Der Dogger weist zuoberst einen 73 m mächtigen Hauptrogenstein auf, womit die burgundische Karbonat-Plattform gegen SE zumindest bis in dieses Gebiet nachgewiesen ist. Der Opalinuston (79.3 m) lässt sich aufgrund sandiger Einschaltungen und Karbonatlagen in vier Untereinheiten gliedern. Im Lias zeigen sich mit stark reduziertem oberen Teil, fehlendem Posidonienschiefer und mächtigem sandigem Arietenkalk s.l. fazielle Beziehungen zum Solothurner Jura. Der tonig-mergelige Mittlere Keuper enthält einen relativ mächtigen sandigen Schilfsandstein (22.22 m). Der Gipskeuper gliedert sich in dieselben fünf Untereinheiten wie in Böttstein und Weiach. Im Oberen Muschelkalk (59.44 m) zeigt sich ein poröser Trigonodus-Dolomit bei dem viele Poren mit Anhydrit gefüllt sind. Im Mittleren Muschelkalk zeichnet sich anhand repetierter Schichten, die lithologisch und mittels Litho-Density-Log parallelisiert werden können, eine Störung (Aufschiebung) ab. Geprägt wird die Anhydritgruppe durch insgesamt 37.78 m mächtige Steinsalzschichten. Der Untere Muschelkalk (36.41 m) ist in seiner bekannten uniformen Ton-Mergel-Fazies ausgebildet. Der Buntsandstein besteht aus bunten, tonigen und karneolführenden, sowie weissen Sandsteinen, deren Mineralbestand und Gefüge durch eine starke Diagenese gezeichnet sind.

Porositätsmessungen im Labor an Proben der Unteren Süsswassermolasse, des Schilfsandsteins und des Trigonodus-Dolomits ergaben absolute und offene Porositäten > 10 %.

Strukturelle Analysen haben gezeigt, dass neben den Salzschichten auch die anhydritischen Abfolgen der Oberen Sulfatschichten und des Gipskeupers durch duktile Spannungsumlagerungen in den Abscherungsprozess der überschobenen Sedimentdecke einbezogen worden waren. Der Untere Muschelkalk und der Buntsandstein verblieben in ihrer primären Auflagerung auf dem paläozoischen Grundgebirge.

Der karbonatische Malm, der Hauptrogenstein sowie das gesamte Schichtgebäude zwischen Opalinuston und Oberen Sulfatschichten erwiesen sich als stark geklüftet. Genetisch konnten alte (prätriadische) steil einfallende Klüfte mit Ansätzen zu orthogonalem Bruchmuster von jungen (alpidisch-synkinematischen Scher- bzw. Gleitflächen) unterschieden werden. Vermessungen von Horizontalstylolithen als Stressindikatoren ergaben ein generell S-N ausgerichtetes Hauptspannungsfeld.

Das Kristallin besteht aus variszischen Intrusivgesteinen mit einer eingelagerten geringmächtigen Gneiszone. Der obere Teil des Kristallins besteht aus Biotit-Granit. Im unteren Teil wurden Syenite, Monzonite und Diorite in einer komplexen Wechselfolge durchbohrt. Diese radiometrisch mit 315 Mio. Jahren datierten mafischen Gesteine werden von steil einfallenden Apliten und aplitischen Graniten durchschlagen, die geochemisch mit dem Biotit-Granit korreliert werden können. Die mafischen Gesteine lassen sich mit den sogenannten «Durbachiten» im Nord­Schwarzwald vergleichen.

Das Kristallin war einer starken Spröddeformation unterworfen, die zu einer Kataklase von 90 % der Granitstrecke und 60 % der Syenitstrecke führte. Diese im Vergleich zum Kristallin von Böttstein und Leuggern 10 bis 20 mal stärkere Kataklase wird auf die Lage am Rand des Permokarbontroges zurückgeführt. Die geringere Intensität in den syenitischen Gesteinen im Vergleich zu den Graniten hängt mit dem höheren Gehalt an Glimmern der Syenite zusammen.

Hydrothermale Umwandlungen sowie eine teilweise Serizitisierung von Plagioklas und eine Chloritisierung von Biotit traten bei der Abkühlung der Intrusivgesteine auf. Eine starke Imprägnation mit wasserreichen Fluids während der prätriadischen Kataklase führte zu einer Albitisierung der Plagioklase und nicht zu einer Vertonung, wie dies in den Bohrungen Leuggern und Böttstein der Fall ist. Die Kluftfüllungen mit Illit, Illit/Smektit-Wechsellagerungen und Chlorit in den Graniten und Chlorit/Smektit-Wechsellagerungen und trioktaedrischem Smektit in den mafischen Gesteinen können dieser Phase zugeordnet werden. Jüngere, mit Calcit gefüllte, fast vertikale Klüfte wurden nach den Flüssigkeitseinschlüssen durch hochsaline, CaCl2-reiche Lösungen gebildet. Ähnliche Klüfte treten auch in den darüberliegenden Sedimenten auf und können mit alpidischen Bewegungen in Verbindung gebracht werden.

Die Kationenaustausch-Kapazitäten der granitischen und syenitischen Proben betragen 8 – 12 mVal/100 g). Die O- und C-Isotopen-Verhältnisse der untersuchten Kluftmineralien deuten auf Ungleichgewichte mit den heutigen Tiefengrundwässern hin.

Die wichtigsten gemittelten petrophysikalischen Parameter sind:

ParameterEinheitBiotit-Granitsyenitische Gesteine

  

frisch

stark kataklastisch

frisch

kataklastisch

Gesteinsdichte g/cm³ 2.59 2.49 2.77

 2.63

absolute Porosität

 Vol. % 1.5 5.9 1.4 2.3

offene Porosität Vol. % 2.4 4.7 1.5 3.5
 

spezifische Oberfläche m²/g –  12  –  100
 

Wärmeleitfähigkeit WmºK 3.2 2.77 2.10 2.10
 

hydraulische Leitfähigkeit   

 m/sek -

 –

 5.5 – 13·10-12

 –-12

 70·10-15

Die Makroporosität (> 7 μ) besteht vor allem aus herausgelöster kataklastischer Matrix oder Calcitfüllungen, die Mikroporosität aus Korngrenzen-Porosität in den Graniten und Apliten und Schichtsilikat-Porosität. In den syenitischen Gesteinen. Die Kommunikation der offenen Kluft mit der Gesteinsporosität ist meistens gewährleistet.

Die Bohrung bildet den südlichsten Eckpfeiler des hydrogeologischen Test- und Beprobungsnetzes der Nagra in der Nordschweiz. In den Festgesteinen der Sedimente sind es vor allem die karbonatischen Formationen des Oberen und Mittleren Muschelkalkes, welche von offenen Klüften durchsetzt sind und als potentielle Kluft-Grundwasserleiter betrachtet werden müssen. Als nennenswerte Porenspeicher und -leiter sind die sandigen Partien der Unteren Süsswassermolasse und allenfalls des Buntsandsteins zu werten. Im kristallinen Grundgebirge sind offene Klüfte und Störungszonen als mutmassliche Grundwasser­Fliesswege vorwiegend an kataklastisch deformierte Biotit-Granite (oberes Kristallin) und an Aplit/Syenit-Wechselfolgen (unteres Kristallin) gebunden.