Technischer Bericht NTB 85-11

Sondierbohrungen Böttstein, Schafisheim, Weiach, Kaisten, Riniken Langzeit-Beobachtung der Tiefengrundwässer

In der Zeit vom 01.01.1984 bis zum 30.07.1985 begannen in 5 fertiggestellten Sondier­bohrungen des Nagra-Tiefbohrprogrammes langfristige Beobachtungen des Tiefen­grundwassers im Kristallin und ausgewählten Aquiferen des Deckgebirges. Die Aufzeich­nungen bis zum 30.09.1985 sind in diesem Bericht enthalten.

Als Träger des ganzen Multipacker-Systems dient ein 2 7/8-Zoll- oder 2 3/8-Zoll-Steigrohrstrang, in den die einzelnen Packer integriert sind. Letztere werden über eine oder mehrere Druckleitungen (Inflation lines) von der Oberfläche her mit Wasser aufgepumpt und unter Druck gehalten.

Aus den hydraulisch isolierten Zonen führen Beobachtungsleitungen nach oben, die im Falle artesischer Bedingungen an Manometer und Ventile angeschlossen sind. Liegen nicht­artesische Verhältnisse vor, so wird die Messung der Druckspiegelhöhe in den Beobach­tungsleitungen mittels Lichtlot vom Bohrkeller aus durchgeführt.

Bei der Unterteilung der Bohrlöcher in hydraulisch getrennte Zonen waren sämtliche bis dahin vorhandenen Testergebnisse berücksichtigt worden. Neben den Resultaten der Packer­tests standen die Ergebnisse des Fluid-Logging und die hydrochemischen Daten zur Verfügung.

Alle Multipackersysteme lieferten wesentliche Ergebnisse über die Druckverhältnisse des Grundwassers in vertikalen Profilen. Dabei ist zu beachten, dass diese Lang­zeit­daten nicht mehr solchen Störungen unterworfen sind, wie sie der Bohrbetrieb mit sich bringt.

Da manche Intervalle im offenen Bohrloch Längen von bis zu mehreren hundert Metern erreichen, repräsentieren die erhobenen piezometrischen Steighöhen Mischwerte, die sich unter Umständen über die ganzen Zonenlängen einstellen.

Nach Abtrennung der einzelnen Zonen zeigen die Ganglinien der Steighöhen je nach Bohrung und Aquifertyp ein sehr unterschiedliches Verhalten. Die massgeblichen Faktoren sind dabei einerseits die hydraulische Vorgeschichte des Aquifers und anderer­seits seine Durchlässigkeit, Speicherkapazität, der in ihm herrschende Wasserdruck sowie die Grösse des eingeschlossenen Intervallvolumens.

In der Bohrung Böttstein enthalten alle in den Multipacker einbezogenen Zonen artesisch gespanntes Tiefengrundwasser. Die Messwerte gestatten eine Zweiteilung der Kristallin­strecke (inkl. Buntsandstein). Bis in ca. 1'000 m Tiefe sprechen die Daten für das Vorhandensein von durchlässigen Zonen, in denen Drücke von 1.5 – 2.0 bar, gemessen auf der Höhe der Ackersohle, von oben nach unten nur ganz unwesentlich zunehmen. Unter dieser Tiefenlage dagegen steigen die an der Ackersohle registrierten Drücke mit zunehmender Tiefe bei allgemein geringer Permeabilität bis auf ca. 7 bar an, was einer Wassersäule von ca. 70 m über Ackersohle entspricht.

In der Bohrung Schafisheim erwies sich das Wasser im Muschelkalkaquifer als artesisch gespannt, bei einer Steighöhe von ca. 7 – 8 m über Ackersohle. Im oberen Teil des Grundgebirges, dessen Wasser zusammen mit demjenigen des Buntsandsteins beobachtet wird, bestimmen offenbar Zuflüsse aus einer durchlässigen Zone des Kristallins die gemessenen piezometrischen Steighöhen. In Anbetracht seiner stark reduzierten Durchlässigkeit kann der Buntsandstein hier kaum die Rolle eines selbst­ständigen Aquifers spielen. Im Kristallin mit seinen klüftigen Abschnitten bleiben die Wasser­spiegel ohne wesentliche Unterschiede ca. 65 m unter Ackersohle. Nur unterhalb 1'910 m steigt die Druckspiegelhöhe offenbar um wenige Meter an.

In der Bohrung Weiach zeigen die verschiedenen Intervalle eine bemerkenswerte Druck­verteilung. Der Druckspiegel des Muschelkalks liegt ca. 13 munter der Ackersohle: die übrigen Grundwässer sind artesisch gespannt. An den Wässern des Buntsandsteins und des Kristallins unterhalb 2'210 m wird nahezu der gleiche Schliessdruck von ca. 4.5 bar festgestellt, entsprechend einer Druckspiegelhöhe von ca. 45 m über Acker­sohle. Das dazwischenliegende Permokarbon und der obere Abschnitt des Kristallins von 2'065 bis 2'210 m hingegen sind durch ein breites Druckmaximum von 5.5 bis über 7 bar gekennzeichnet. Eine mögliche Gasentwicklung im Permokarbon­Trog könnte diese Druckerhöhung verursachen.

In der Bohrung Kaisten nehmen die Druckhöhen des Grundwassers mit der Tiefe annähernd gleichförmig zu, von 25 m unter Ackersohle im Buntsandstein bis 30 m über Acker­sohle für das Kristallin in ca. 700 m Tiefe. Im tieferliegenden Kristallin nehmen die Drücke nur noch geringfügig zu. Demzufolge ergibt sich ein vertikal nach oben gerichteter Druckgradient, wie es den Erwartungen entspricht, da die Bohrung im Exfiltrations­gebiet des Rheintales liegt.

Die Wasserspiegel im Beobachtungssystem der Bohrung Riniken waren bei Redaktions­schluss des Berichtes am 30.09.1985 noch deutlich in Bewegung. Als einziger Aquifer enthält der Schilfsandstein (Keuper) bei einem Druck von etwas mehr als 7 bar, gemessen an der Ackersohle, artesisch gespanntes Grundwasser. Die Druck­spiegel der übrigen stratigraphisch tieferen Aquifere dagegen erreichen die Gelände­oberfläche nicht. Vorbehältlich der weiteren zeitlichen Entwicklung der Ganglinien gilt im Grossen und Ganzen, dass das piezometrische Niveau von oben nach unten abfällt.

Während das Multipackersystem in Böttstein seit mehr als 20 Monaten einwandfrei funktioniert, gab es in Schafisheim und Weiach bereits nach wenigen Wochen gravierende Ausfälle.