Technischer Bericht NTB 80-02

Projektstudie für die Endlagerung von hochaktiven Abfällen in Tiefliegenden geologischen Formationen sowie für die Zwischenlagerung

Der vorliegende Bericht wurde mit dem Ziel erstellt, die bauliche Machbarkeit und die betriebliche Eignung von verschiedenen Zwischen- und Endlagerkonzepten für hochaktive Abfälle aufzuzeigen. Er fasst die Erkenntnisse einer von der Nagra in Auftrag gegebenen Projektstudie zusammen. Der Bericht soll eine breitere Öffentlichkeit über den möglichen Aufbau solcher Zwischen- und Endlager orientieren.

Eine klare Abgrenzung gegenüber anderen, parallel durchgeführten Projektstudien ergibt sich aufgrund der vorgegebenen Abfalltypen. Die hier dargestellten Arbeiten beziehen sich auf radioaktive Abfälle, die eine ausgesprochen lange Isolationszeit benötigen.

Wichtige Erkenntnisse aus einer separaten Studie, welche verschiedene Aspekte der Erstellung von Tiefbohrungen zum Inhalt hat, wurden in den vorliegenden Bericht integriert.

Wesentliche Grundlagen für die Bearbeitung der Projektstudie bildeten:

  • Angaben über die einzulagernden Abfälle. Diese Angaben stützten sich auf vorläufige Unterlagen der Wiederaufbereitungsfirma COGEMA (F).
     
  • Annahmen über die Tiefenlage der Endlager, der geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse sowie die Anzahl der anfallenden Abfallbehälter, die zwischen- bzw. endzulagern sind. Diese Annahmen wurden im Verlauf der Projektstudie mit der Nagra abgesprochen und festgelegt.

Diese Grundlagen werden zusammen mit einigen abgeleiteten Ergebnissen im Kapitel 2 angegeben.

Kapitel 3 beschreibt Vorkehrungen, auf denen eine sichere Endlagerung der hochaktiven Abfälle basieren kann. Diese beruhen auf der Errichtung von mehreren technischen Barrieren um das Abfallgut, welches anschliessend in eine beständige geologische Formation, tief unter der Erdoberfläche, eingebracht wird. Als technische Barrieren sind zu nennen: eine kombinierte Korrosions- und Abschirmhülle, das Verfüllmaterial sowie die Versiegelung. Einzelne Abschnitte beschreiben die Anforderungen an Bau- und Werkstoffe, welche für die erwünschten Barrieren in Frage kommen und begründen deren Wahl.

Der letzte Teil dieses Kapitels enthält Beschreibung und Ergebnisse von Wärmeleitrechnungen. Diese zeigen, dass keine unzulässige Aufwärmung der hochaktiven Abfälle und des Wirtgesteins infolge der Zerfallswärmeproduktion im Abfallgut entsteht.

Kapitel 4 befasst sich mit den Endlagerkonzepten. In diesen Anlagen sollen die hochaktiven Abfälle nach einer Zwischenlagerungszeit eingebracht, deponiert und anschliessend deren Zugänge versiegelt werden.

Zuerst werden verschiedene Varianten des Endlagerbereiches für ein Endlager gemäss Bergbaukonzept vorgestellt und die Aspekte solcher Anlagen beschrieben, die für alle Varianten gültig sind. Anschliessend wird je ein Endlagerkonzept

  • im Kristallingestein in 2500 m Tiefe, sowie
  • im Tongestein in 800 m Tiefe

ausführlich dargelegt. Ferner wird noch ein Endlager gemäss Tiefbohrkonzept erläutert. Dieses besteht aus einer Gruppe von fächerartig angeordneten, grosskalibrigen Bohrungen, die von der Erdoberfläche aus mit dem Abfallgut beschickt und hinterher versiegelt werden.

Kapitel 5 ist den Zwischenlagerkonzepten gewidmet. Diese Anlagen dienen der kontrollierten Aufbewahrung der hochaktiven Abfälle für ca. 25 Jahre nach ihrer Anlieferung aus dem Wiederaufbereitungswerk. In dieser Zeitperiode vermindert sich die Wärmeabgabe vom Abfallgut beträchtlich. Dies erleichtert seine anschliessende Endlagerung.

Es werden drei Zwischenlagerkonzepte vorgestellt:

  • ein oberirdisches Lager mit Wasserkühlung
  • ein oberirdisches Lager mit direkter Luftkühlung (im Naturumlauf)
  • ein unterirdisches Lager mit Luftkühlung (im Naturumlauf)

Alle drei Konzepte zeichnen sich durch einen relativ einfachen Aufbau aus.

Im Kapitel 6 werden die geschätzten Zeiten für die Bereitstellung der wesentlichen Anlageteile eines Endlagers bzw. eines Zwischenlagers für hochaktive Abfälle angegeben. Während für Zwischenlager rund 3 – 5 Jahre Erstellungszeit veranschlagt werden, benötigen die Endlager eine Vorlaufzeit von etwa 4 Jahren (Tiefbohrkonzept), 12 Jahren (Bergbaukonzept im Tongestein) bzw. 19 Jahren (Bergbaukonzept im Kristallingestein).

Die in diesem Bericht zusammengefassten Detailstudien, die sich auf die Grundannahmen gemäss Kapitel 2 abstützen, lassen die folgenden wesentlichen Folgerungen zu:

  • Die Realisierbarkeit der hier beschriebenen Zwischen-­ und Endlagerkonzepte ist vom technischen Gesichtspunkt aus gesehen möglich.
     
  • Die Handhabung und der Transport der jährlich zu erwartenden Abfallbehälter kann mit den vorgeschlagenen Förderanlagen ohne Schwierigkeiten bewältigt werden.
     
  • Für das Bergbaukonzept im Tongestein dürfte die noch wirtschaftlich vertretbare Tiefenlage des Endlagerbereiches bei ca. 900 m, für das Bergbaukonzept im Kristallingestein bei ca. 1900 m liegen. Der Grund für diese Begrenzung besteht für Ton hauptsächlich in den zu erwartenden Felsdrücken, für Kristallin bei den Felstemperaturen. Für das Tiefbohrkonzept sind Tiefen über 2000 m erreichbar.
     
  • Das Tiefbohrkonzept erlaubt die Rückholung der eingelagerten, verfüllten und versiegelten HAA-Behälter praktisch nicht, dies im Gegensatz zu den Bergbaukonzepten.
     
  • Die Wahl von Ton/Quarzsandmischungen als Verfüllmaterial erscheint für das Bergbaukonzept als geeignet.
     
  • Die Versiegelungen des Endlagerbereichs und der Zugänge sollten aus sich abwechselnden Lagen von «harten» und «weichen» Baumaterialien aufgebaut werden, wobei diese aus Stoffen mit Silikat-Bestandteilen bestehen sollen.
     
  • Die Korrosionsschutzhülle eines HAA-Behälters könnte aus

    • Titan, bzw. Titanlegierungen,
    • Tantal,
    • Hastelloy B (Ni Mo 30),
    • rostfreiem Stahl (1.4439)

    bestehen. Sie sollte etwa 15 mm Stärke aufweisen. Eine endgültige Wahl soll erst nach Kenntnis der standortabhängigen Gegebenheiten sowie weiterer Festlegungen getroffen werden.

  • Die Ableitung der Zerfallswärme in einem Endlager gemäss Bergbau- konzept erfolgt bei den vorgeschlagenen Einlagerungskonfigurationen ohne Überschreitung einer Temperatur von 100°C im Wirtgestein. Beim Tiefbohrkonzept überschreitet die Wirtgesteinstemperatur 120°C nie.
  • Die Abschirmung der Strahlung, welche der hochaktive Abfall emittiert, kann mit einer verlorenen Abschirmung und für die Beförderung mit einer mehrfach verwendbaren, zusätzlichen Transport-Abschirmung erreicht werden.