Technischer Bericht NTB 17-03

Long-Term Cement Studies (LCS) at the Grimsel Test Site – Modelling of the in-situ Experiment 2

Portlandzement und Beton sind wichtige Bestandteile des technischen Barrierensystems und der bautechnischen Unterstützungsmassnahmen in verschiedenen Konzepten für die geologische Tiefenlagerung von schwach- und mittelaktiven Abfällen, hochaktiven Abfällen sowie abgebrannten Brennelementen. Durch die Wechselwirkung zwischen Grundwasser und Zement entstehen hyperalkalische Lösungen (pH 12 – 13.5), die mit den Tiefenlager-Wirtgesteinen reagieren können und Veränderungen ihrer physikalischen und chemischen Eigenschaften bewirken. Im Rahmen des Projekts GTS-LCS (Grimsel Test Site - Long-Term Cement Studies), einer Zusammenarbeit zwischen JAEA (Japan), NAGRA (Schweiz), NUMO (Japan), POSIVA (Finnland), RWM (UK) und SKB (Schweden), wurde 2009 im Felslabor Grimsel ein ca. 6-jähriges in-situ-Experiment gestartet. Ziel war die Untersuchung der Wasser-Zement-Gestein-Wechselwirkungen und ihrer Auswirkungen auf den Wasserfluss und die Transporteigenschaften von gelösten Stoffen unter realistischen Bedingungen. Vorgehärtete zylindrische Stücke aus gewöhnlichem Portlandzement wurden in ein Bohrloch gesetzt, das den Bruch F16 durchschneidet. Zwei weitere Bohrlöcher (nämlich eine Beobachtungs- und Entnahmebohrung resp. Förderbohrung) wurden in etwa 0.56 und 1.12 Meter Entfernung vom Einbringungs- resp. Injektionsbohrloch platziert. Grimsel-Grundwasser wurde zirkuliert und über die Injektionsbohrung injiziert. In den Beobachtungs- und Entnahmebohrungen wurden Wasserproben entnommen und die chemische Zusammensetzung der verschiedenen Lösungen überwacht. Erhöhte pH-Werte und Konzentrationen gelöster Stoffe, welche die Wechselwirkung mit dem Zement widerspiegeln, wurden in den Beobachtungs- und Entnahmebohrlöchern nach Beginn der Injektion im Einlagerungsbohrloch beobachtet. Vor und während des Experiments wurden Tracerversuche durchgeführt, um die Fliess- und Transporteigenschaften des Gesteins um die 3 experimentellen Bohr­löcher zu charakterisieren. Am Ende des Versuchs wurden Analysen des Zements und Gesteins neben dem Einlagerungsbohrloch durchgeführt.

Die Modellierung des Wasserflusses und Tracertransports sowie die reaktive Transportmodellierung für das in-situ-Experiment wurden von verschiedenen Teams (SKB, IDAEA-CSIC/UPC (POSIVA), QUINTESSA (RWM)) durchgeführt. Die Ergebnisse der verschiedenen Modellierungsstudien (Tracertransport und reaktiver Transport) haben gezeigt, dass es möglich ist, die Ergebnisse des in-situ-Experiments zu modellieren und zu interpretieren, wobei entweder von einer homogenen Kluft oder von einer Kluft ausgegangen wird, in der der Fluss entlang bevorzugter Fliesswege oder Kanäle verläuft. Eine wirkliche Unterscheidung zwischen den verschiedenen Fliessmodellen ist nicht möglich. Der Schwerpunkt wurde auf die geochemischen Aspekte der Zement-Grundwasser-Gesteins-Wechselwirkungen gelegt. Die Hauptcharakteristika der be-obachteten Umwandlung sowohl des Zements als auch des Gesteins konnten unter Verwendung aktueller thermodynamischer und kinetischer Daten (z. B. Portlanditauflösung im Zement, Kalzitausfällung an den Zement-Spalt und Spalt-Gestein-Grenzflächen, Primärmineralauflösung im Gestein, C-S-H/C-A-S-H-Ausfällung im Gestein) reproduziert werden, wobei verbesserte Ergebnisse erzielt wurden, wenn die neuesten Daten für Phasen wie C-A-S-H verwendet wurden. Feinere Details, wie zum Beispiel die beobachtete Bandbreite der Zusammensetzungen von C S H/C A S H im Gestein oder das Vorhandensein geringer Mengen von CaCO3-Vorläuferphasen (Aragonit, Vaterit) konnten mit den hier verwendeten Modellierungsansätzen nicht aufgelöst werden. Insgesamt erscheinen die Kenntnisse der beteiligten geochemischen Prozesse fundiert zu sein.

Andererseits war der Versuchsaufbau so gewählt, dass die meisten Informationen aus der Überwachung der Lösungszusammensetzungen an den drei Bohrlöchern während des Experiments zusammen mit der Charakterisierung der Zementquelle und des Gesteins am Einlagerungsbohrloch am Ende des Versuchs gewonnen wurden. Während also die wichtigsten mineralogischen und geochemischen Aspekte der Veränderungen qualitativ reproduziert werden konnten, wurden die berechnete räumliche Ausdehnung und das Verteilungsmuster der Veränderungen in der Kluft durch das implementierte Modellkonzept (homogener Bruch vs. diskrete Kanäle) kontrolliert. Die Unterscheidung und Weiterentwicklung der Konzepte hängt von der Charakterisierung des Fliessfeldes und der mineralogischen Veränderungen in der Kluftfläche über die Bohrlöcher hinaus ab.