Technischer Bericht NTB 14-02/V

SGT Etappe 2: Vorschlag weiter zu untersuchender geologischer Standortgebiete mit zugehörigen Standortarealen für die OberflächenanlageGeologische GrundlagenDossier V:Hydrogeologische Verhältnisse

Dossier V: Hydrogeologische Verhältnisse

Das Dossier 'Hydrogeologische Verhältnisse' analysiert die hydrogeologischen Verhältnisse im regionalen und im lokalen Massstab. Der Fokus liegt dabei auf den Verhältnissen in den Tiefenaquiferen. Für Tiefenlager stellen diese potenzielle Wegsamkeiten für Radionuklide vom äusseren Rand des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs in die Biosphäre dar. Zusätzlich trägt die Charakterisierung der Tiefenaquifere auch massgeblich zum Verständnis der Situation in den Wirtgesteinen bei (z. B. Salinität des Porenwassers). Die Kenntnis der hydrogeologischen Verhältnisse in den Tiefenaquiferen ist zudem wichtig im Hinblick auf den Bau der Zugänge ins Tiefenlager, beispielsweise für die Beurteilung möglicher Beeinflussungen von Mineral- und Thermalwassernutzungen oder für die Planung des Bergwassermanagements. In diesem Sinne hat das Dossier 'Hydrogeologische Verhältnisse' Anknüpfungspunkte zu den Dossiers 'Barriereneigenschaften' und 'Nutzungskonflikte'. Bezüglich der Kriterien und Indikatoren für den sicherheitstechnischen Vergleich liefert das vorliegende Dossier die Grundlagen zur Beurteilung des Indikators 'Grundwasserstockwerke' sowie ergänzende Angaben insbesondere zu den Kriterien 'Geochemische Bedingungen', 'Nutzungskonflikte', 'Prognostizierbarkeit der Langzeitveränderungen' und 'Untertägige Erschliessung und Wasserhaltung'.

Das Dossier baut auf dem Kenntnisstand früherer Arbeiten auf und integriert neu verfügbare Publikationen und Berichte Dritter. Im Rahmen von Etappe 2 des Sachplanverfahrens konnte der Kenntnisstand zu den hydrogeologischen Verhältnissen durch Beobachtungen in diversen Bohrungen, Auswertungen von Feldbeobachtungen, Literaturstudien und Datenkompilationen vertieft werden. Die Datensätze zur Hydrochemie und zur Isotopenhydrogeologie der Tiefengrundwässer der Nordschweiz wurden ergänzt und die regionale Situation detailliert neu ausgewertet. Für die Analyse der hydrogeologischen Verhältnisse in der Nordschweiz wurden hydrodynamische Modelle im regionalen und im lokalen Massstab erstellt. Mittels dieser stationären Modelle wurden unterschiedliche Szenarien getestet, beispielsweise bezüglich der hydraulischen Eigenschaften einzelner Einheiten oder von Störungen, sowie die Auswirkungen z. B. auf die hydraulischen Gradienten über die Wirtgesteine oder die Exfiltrationszonen analysiert. Dadurch kann ein Spektrum möglicher hydrogeologischer Situationen aufgezeigt und die Eingangsdaten für die Sicherheitsanalysen eingegrenzt werden. Für das Standortgebiet Wellenberg lagen aus früheren Arbeiten bereits umfassende Analysen der hydrogeologischen Situation vor.

Der Malm- und der Muschelkalk-Aquifer bilden in der Nordschweiz die regionalen Tiefenaquifere über und unter den Wirtgesteinen und definieren damit die maximale Ausdehnung des potenziell einschlusswirksamen Gebirgsbereichs. In den westlichen Gebieten ist auch der Hauptrogenstein-Aquifer zu beachten: Dieser bildet die obere Begrenzung der Rahmengesteine des Opalinustons in den Standortgebieten Jura Ost und Jura-Südfuss; im Letzteren bildet er, allenfalls zusammen mit den Birmenstorfer Schichten, den nächstgelegenen Aquifer im Liegenden der Effinger Schichten. Im lokalen Massstab können weitere Einheiten als Exfiltrationspfade relevant sein: Insbesondere im Oberen Mittelkeuper können je nach lithologischer Ausbildung einzelne Schichtglieder Aquifer-Charakter aufweisen (Keuper-Aquifer). Zudem können die regionalen hydrogeologischen Verhältnisse auch durch die regionalen Störungszonen beeinflusst sein: Im Rahmen von Szenarienanalysen wurde deren Bedeutung für Fliesssysteme, Exfiltrationsorte und Gradienten über die Wirtgesteine analysiert.

Im Kapitel 'Regionale Hydrochemie der Nordschweiz' wird im ersten Schritt für jede hydrogeologische Einheit die generelle chemische und isotopenhydrogeologische Charakteristik wie auch die Entwicklung der Tiefengrundwässer dargestellt. Dies bildet die Grundlage für die Diskussion von Fliesssystemen aus hydrochemischer Sicht. Es zeigt sich, dass in den tektonisch nicht oder nur wenig beanspruchten Gebieten ein ausgeprägter Grundwasserstockwerkbau beobachtet werden kann, der die effiziente Trennwirkung durch die Aquitarde beispielsweise im Dogger (Opalinuston, 'Brauner Dogger'), Lias und Gipskeuper unterstreicht. In tektonisch stärker beanspruchten Gebieten werden teilweise formationsübergreifende Verbindungen beobachtet, beispielsweise die bekannten Thermalwasseraustritte von Baden/Ennetbaden und Schinznach Bad an der Jura-Hauptüberschiebung.

Im Kapitel 'Standortspezifische Hydrogeologie Nordschweiz' wird für jedes Standortgebiet die generelle hydrogeologische Situation charakterisiert und hydrogeologisch relevante Beobachtungen beispielsweise in Bohrungen, an Aufschlüssen oder in Tiefbauten zusammengefasst. Von besonderem Interesse sind hier Beobachtungen zur lokalen lithologischen Ausbildung und allfälligen Wasserführung von vergleichsweise gering mächtigen Einheiten in den Rahmengesteinen, wie dem Sissach-Member der Passwang-Formation oder von kalkig-sandigen Einschaltungen im Lias. Die Hauptexfiltrationsgebiete werden für jedes Gebiet basierend auf den Modellierungen aufgelistet. Die hydraulischen Gradienten über die Wirtgesteine werden aufgrund der Szenarienanalysen der Lokalmodelle unter Berücksichtigung allfällig vorhandener lokaler Potenzialmessungen eingegrenzt.

Für das Standortgebiet Wellenberg existiert dank zahlreicher Tiefbohrungen und der Felduntersuchungen ein umfangreicher hydrogeologischer Datensatz. Dieser wurde schon früher detailliert ausgewertet und in hydrodynamische Modelle mit unterschiedlichen Massstäben integriert; diese beinhalten auch unterschiedliche konzeptionelle Ansätze der hydraulischen Eigenschaften des Wirtgesteins. Eine Besonderheit bildet die in den Mergelformationen des Helvetikums angetroffene Unterdruckzone. Es handelt sich dabei um ein transientes Phänomen im Zusammenhang mit mechanischer Entlastung durch Erosion und / oder Gletscherrückzug. Die Exfiltrationspfade werden unter Berücksichtigung des langfristigen Abbaus dieser Unterdruckzone evaluiert. Die Bedeutung der für Etappe 2 überarbeiteten geologischen Profile und die gegenüber der früheren Planung tieferen Lagerebenen wird diskutiert.

In den Tiefbohrungen am Wellenberg wurde eine ausgeprägte Zonierung der Wassertypen der Tiefengrundwässer angetroffen, inklusive charakteristischer Isotopensignaturen und Verweilzeiten. Gemäss neuer Planung würden die Lagerebenen auf Niveaus liegen, auf denen neoalpines Formationswasser zu erwarten ist. In den Tiefengrundwässern wurden teilweise auch hohe Gehalte von Methan angetroffen – gemäss den vorliegenden Daten handelt es sich in der Regel um gelöstes Gas, in einzelnen Zonen muss auch mit freiem Gas gerechnet werden.