Technical Report NTB 98-01

Excavation Disturbed ZoneExperiment (EDZ)

Das Projekt «Auflockerungszone (Excavation Disturbed Zone EDZ)» wurde im Fels­labor Grimsel (FLG) im Rahmen des Nahfeldprogramms der Untersuchungen der Phase IV durch­geführt (1994 – 1996). Es befasst sich mit der Untersuchung der hydraulischen Bedingungen des Nahbereichs in gebohrten Stollenabschnitten unter vollständig gesättigten Bedingungen mit dem Ziel, Methoden für die Messung und Modellierung des axialen Wasserflusses entlang von Stollen und Kavernen zu entwickeln. Die Studien konzentrieren sich auf die felsmechanischen und hydraulischen Eigenschaften des Gebirges in der direkten Umgebung der Stollenwand. Die sogenannte «Excavation Disturbed Zone (EDZ)» bzw. Auflockerungszone wird definiert als Stollen­bereich, in dem die Gesteinseigenschaften durch den Stollenausbruch verändert wurden.

Dieser Bericht gibt einen Überblick über die Ergebnisse, die während des EDZ Experiments erhoben wurden. Als Versuchsstandort wurde ein Stollenabschnitt im Wärmeteststollen aus­gewählt, an dem bereits eine mechanische Beanspruchung des Gesteins und einige Ausbrüche aus der Stollenwand sichtbar sind. Die detaillierte geologische Stollenaufnahme bestätigte die Aus­wahl und lieferte zugleich die Grund­lagen für den genauen Versuchsstandort mit den ent­sprechenden Kurzbohrungen.

Im Rahmen der Standortvorbereitungen wurden In-situ-Spannungsmessungen mit einer soge­nannten Bohrloch-Schlitzsonde durchgeführt, um die durch den Stollen­ausbruch verur­sachten Spannungsumlagerungen im Stollennahbereich zu ermitteln. Diese Daten gingen in fels­mecha­ni­sche Designberechnungen zur Versuchs­auslegung ein. Im Stollennahbereich konnten eine geringfügige Spannungserhöhung und Mikro­risse festgestellt werden, die auf eine plas­ti­sche Zone schliessen lassen.

Die Spannungsmessungen und die Ergebnisse der geologischen Kartierung bildeten die Grund­lage für die felsmechanische Modellierung der EDZ. Das Ziel dieser Modellierung war es, Infor­mationen über die Ausbildung und Geometrie der EDZ zu erhalten (Verständnis des primä­ren und sekundären Spannungsfelds). Hierfür wurden zwei verschiedene Modelle ver­wendet:

  • Die regionale 3D-Spannungsfeldmodellierung ergab, dass lediglich die Topo­graphie einen bedeutenden Einfluss auf das primäre Spannungsfeld ausübt, und nicht die vorhandenen Dis­kontinuitäten bzw. Störungssysteme, die in das Block­modell integriert wurden. Durch Anwen­dung einer zusätzlichen tektonischen Spannungs­kom­ponente im Fernfeld des Stollens wurde eine gute Überein­­stimmung zwischen den gemessenen und den berechneten Spannungen im FLG erzielt.
  • Mit der lokalen numerischen 2D-Modellierung der Auflockerungszone im eigentlichen Versuchsstollen wurden die Spannungsumlagerungen, mögliche plastische Verformungen und das Trennflächenverhalten (Öffnen, Schliessen und Scherung von Klüften) untersucht. Die Anfangs- und Rand­be­dingungen stammten dabei aus dem 3D-Modell. Alle Ver­setzun­gen der Gesteins­matrix und die Scher­versetzungen der Trennflächen scheinen aus­schliess­lich durch den Stollen­aus­bruch verursacht zu sein. Das Versetzungsmuster und das fels­mechanische Verhalten sind stark durch die vorhandenen Diskontinuitäten beeinflusst. Zudem sind die zeitweisen plastischen Verformungen und die nachfolgenden Spannungs­umlage­rungen eng mit diesen Diskontinuitäten verbunden (das Material kommt in den elastischen Bereich zurück). Bei den verschiedenen Modellfällen treten maximale Scher­verformungen von 2 – 5 mm im Stollennahbereich auf. Die grössten Konvergenz­bewegun­gen (Bewegung nach innen) von bis zu 10 mm treten an der östlichen Stollenwand auf.

Vor der eigentlichen Testphase wurde der Versuchsstandort von der Stollenventilation durch zusätz­liche Trennwände abgekoppelt, um eine vollständige Wassersättigung des Gebirges und somit Einphasenbedingungen herbeizuführen. Dabei wurde der Sättigungs­­grad laufend durch Evaporationsmessungen kontrolliert. Danach wurde die Fels­ober­fläche mit einem Harz versiegelt, um definierte Versuchsbedingungen für die hydraulischen Tests zu schaffen und Kurz­schlüsse mit direkten Ausflüssen von der Stollenwand in den Stollen während des Injektionstests zu vermeiden. Die EDZ wurde anschliessend durch vier gekernte radial angeord­nete Kurzbohrungen (EDZ95.001 bis EDZ95.004), die senkrecht zur Stollenachse ausgerichtet sind, untersucht. Zur Opti­mierung der hydraulischen Tests hinsichtlich der Testkonfiguration und –durch­führung wurden in diesen Bohrungen vorgängig hydraulische Design­berechnungen mit zwei verschiedenen Modellansätzen durchgeführt und die EDZ zum einen als Äquivalentes Poröses Medium (Equivalent Porous Medium EPM) und zum anderen als Kluftnetz­werk ('Discrete Fracture Network DFN') modelliert.
 

Für die Durchführung der hydraulischen Tests wurde ein modulares Minipackersystem (MMPS) ent­wickelt, mit dem es möglich ist, die unterschiedlichsten Testkonfigurationen in einem Bohr­loch mit einem kleinen Durchmesser von nur 50 mm zu realisieren.

Die hydraulischen Tests umfassten ein Reihe von Pulse Tests, Constant Head Tests, Constant Rate Tests und Pressure Recovery Tests in verschiedenen Bohrloch­inter­vallen, um einen Über­blick über die Verteilung der hydraulischen Eigenschaften im Stollennahbereich zu ermög­lichen. Von den 18 getesteten Intervallen ergaben 14 hydraulische Durchlässigkeiten zwischen 3 × 10-12 und 3 × 10-11 m/s. Basierend auf diesen Testergebnissen wurden vier Intervalle mit etwas höherer Durchlässigkeit (3 × 10-7 m/s bis 4 × 10-10 m/s) zur genaueren Charakterisierung aus­gewählt. Die erhöhte hydraulische Durchlässigkeit dieser vier Intervalle scheint auf eine Struktur unabhängig von der EDZ zurückzuführen zu sein (z. B. bestehende Kluftzone). Ins­gesamt zeigen die hydraulischen Testdaten im Abstand von mehr als 2 m von der Stollenwand eine Zone mit relativ konstanter Durchlässigkeit von 2 × 10-12 – 3 × 10-12 m/s und innerhalb 1 m von der Stollenwand eine Zone mit einer Durchlässigkeit von ≥ 8 × 10-12 m/s (höher als die erwartete Matrixdurchlässigkeit aller Zonen). Dies weist auf die Gegenwart einer Auf­lockerungs­zone um den Stollen hin. Aufgrund der felsmechanischen Modellierung ist die Form der EDZ wahrscheinlich elliptisch, dies konnte allerdings mangels ausreichender Anzahl getesteter Bohrungen nicht durch die Resultate der hydraulischen Tests bestätigt werden.

Während der Hydrotests (Single Hole) wurden akustische Emissionen in zwei separaten Bohrun­gen (EDZ95.005 und EDZ95.006) aufgezeichnet, um den Versuchs­standort insbeson­dere während der hydraulischen Tests zu überwachen. Diese Messungen ergaben, dass keine neuen Klüfte durch die am Versuchsstandort durchgeführten hydraulischen Tests erzeugt wurden.

Im Anschluss an die aktive Testphase blieb das Testsystem eingebaut, um die Erholung und Ent­wicklung der Druckhöhenverteilung über eine längere Zeitdauer kontrollieren zu können.

Im vorliegenden Bericht wurde eine Methode zur Abschätzung des radialen Flusses im Nah­bereich von versiegelten Stollen und Kavernen nach deren Wiederaufsättigung entwickelt. Basierend auf den Kluftnetzwerkmodellen, die für die Designberechnungen und die Charakteri­sierung der EDZ benutzt wurden, konnte ein (revidiertes) konzeptuelles Modell der EDZ erstellt werden. Die Effekte von Spannungs- und Porendruckänderungen, die nach der Charakterisie­rung der sogenannten Bruchzone 'damaged zone' bei der Versiegelung und Wieder­aufsättigung der Kaverne auftraten, wurden dabei ebenfalls berücksichtigt. Die Ergebnisse der Modellierung des Flusses durch die EDZ nach Verschluss der Kaverne lassen auf Grenzwerte für die effektive axiale Durchlässigkeit (nach Verschluss) zwischen 3 × 10-11 und ca. 6 × 10-8 m/s schliessen. Dabei repräsentiert der höhere Wert eine Situation mit hoch durchlässigen Elementen in der Bruchzone, die ausgeprägt und gut untereinander verbunden sind und der niedrigere Wert eine Situation mit dominierender kleinmassstäblicher Klüftung in der Bruchzone. Allerdings wird die effektive axiale Durchlässigkeit des Gebirges im Stollen­nahbereich des FLG durch das Ausmass und den Verbindungsgrad der hoch transmissiven Elemente innerhalb der Bruchzone kontrolliert.

Generell konnten die experimentellen Ziele erreicht werden. Die entwickelte Methode und das Equipment sind geeignet, um die hydraulischen Eigenschaften der EDZ zu bestimmen.