Technical Report NTB 89-19
Experiments on container material for Swiss high-level waste disposal projects Part IV
In der Schweiz ist vorgesehen, die hochaktiven Abfälle in einem Endlager in einer Tiefe von 1000 bis 1500 m im kristallinen Grundgebirge der Nordschweiz zu beseitigen. Die Abfälle werden in Behältern, die als sehr wirksame Sicherheitsbarrieren während mindestens 1000 Jahren standhalten müssen, eingelagert.
Dieser Bericht ist der vierte und letzte in einer Reihe, die sich mit der Evaluation potentieller Materialien für solche Endlagerbehälter beschäftigt. Im ersten Bericht wurden vier Werkstoffe für eine weitere Evaluation identifiziert: Stahlguss, Sphäroguss, Kupfer und Ti-Code 12. Kupfer und Stahlguss wurden dann für eine nähere Charakterisierung ausgewählt, ohne die anderen zwei Materialien als technisch ungeeignet zu bewerten. Der Grossteil der Arbeiten konzentrierte sich auf Stahlguss, weil die Datenbasis für Kupfer als potentielles Behältermaterial bereits vollständiger war als diejenige für Stahlguss.
Hauptziel der bis jetzt dokumentierten Arbeiten war nachzuweisen, dass sowohl die allgemeine Korrosion als auch die lokalen Korrosionsgeschwindigkeiten des Stahlgusses in den zu erwartenden Grundwässern tolerierbar sind. Die erwartete Langzeit-Korrosionsgeschwindigkeit sollte nicht mehr als 20 μm/a betragen und grosse Schwankungen in der Korrosionsgeschwindigkeit oder Lochfrass-Korrosion sind nicht zu erwarten.
Dieser Bericht behandelt zwei weitere wichtige Aspekte. Der erste Aspekt ist der Nachweis, dass die Stahlgussbehälter nicht durch Spannungsrisskorrosion versagen werden. Der zweite Aspekt ist die aus der Reduktion des Wassers stammende Wasserstoffproduktion. Dieses Phänomen könnte zu Problemen führen, wenn mehr Wasserstoff pro Zeiteinheit ensteht als durch Diffusion als gelöste Spezies entweichen kann, d. h. wenn sich Gaseinschlüsse oder -blasen ausbilden, die zu einem Druckaufbau führen oder die Nahfeld-Transportprozesse durch örtliche Verdrängung, Blasenbildung oder Auftriebseffekte verändern könnten.
Die Resultate der Experimente an Proben mit künstlich erzeugten Rissen haben keine Anfälligkeit des Stahlgusses für Spannungsrisskorrosion unter Modell-Endlagerbedingungen aufgezeigt. In kompakten DCB-Proben, die über 16 – 24 Monate bei Temperaturen von 80 und 140°C sowohl aeroben als auch anaeroben Grundwässern ausgesetzt wurden, wurde kein Risswachstum beobachtet. Aus diesem Befund kann geschlossen werden, dass die maximalen möglichen Risswachstumsraten weniger als 0.1 mm/a betragen oder dass die Inkubationszeiten unter allen Versuchsbedingungen ausserordentlich lang sind. Die Ergebnisse der Versuche mit konstanter Dehngeschwindigkeit weisen auf eine mögliche Beeinflussung von Einschlüssen auf das Spannungsrisskorrosionsverhalten hin. Stahlguss bleibt damit ein Kandidat für die Endlagerbehälter für hochaktive Abfälle.
Wie aufgrund thermodynamischer Überlegungen erwartet, konnte im Fall von Kupfer in Modellgrundwässern bei einer Temperatur von 50°C keine Wasserstoffentwicklung festgestellt werden.
Korrodierender Stahl unter anaeroben Bedingungen produziert Wasserstoff. Die maximale Gleichgewichts-Produktionsrate, die in einem Modellgrundwasser beobachtet wurde, betrug 2.5 ml (NTP) × m-2 × h-1 bei 50°C (Modellwasser Böttstein), was einer Korrosionsgeschwindigkeit von 7 μm/a entspricht; für 25°C und 80°C waren die Werte noch tiefer. Höhere Werte wurden aber in verdünnten Bentonit-Schlämmen gefunden. Zwischen 0 und 8000 mg/l ist die Wasserstoffentwicklungsrate nicht von der Chlorid-Konzentration abhängig, wird aber um einen Faktor 10 verkleinert bei einem pH-Anstieg von 7 auf 10.
Die aus der Korrosion von Eisen oder Stahl stammende Wasserstoffentwicklung in Endlagern muss in jeder Sicherheitsanalyse berücksichtigt werden, da die entstehende Menge durchaus bedeutend sein kann.
Der Bericht schliesst die aktuelle Phase der Korrosionsuntersuchungen für schweizerische Endlager für hochaktive Abfälle ab. Die bis heute vorliegenden Resultate zeigen, dass sowohl Stahlguss als auch Kupfer als Behältermaterialien geeignet sind. Da das Korrosionsverhalten beider Materialien von den Endlager-Betriebsbedingungen beeinflusst wird, vor allem von der Dauer der aeroben Phase, dem Grundwasserchemismus und der Temperatur, sollen weitere spezifische Untersuchungen angestellt werden, wenn einmal ein Endlagerstandort ausgewählt worden ist.