
Technical Report NTB 15-05
Thermo-hydro-mechanical characterisation and modelling of Wyoming granular bentonite
Geologische Tiefenlager gelten als sichere Lösung für die Entsorgung hochaktiver Abfälle. Im schweizerischen Lagerkonzept ist zur Verfüllung der Einlagerungsstollen granulares Bentonitmaterial als eine wichtige technische Barrierenkomponente vorgesehen. Das Verfüllmaterial dient dabei zum sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle; nach dem Verschluss des Tiefenlagers ist das Material beträchtlichen Veränderungen der thermischen, hydraulischen und mechanischen Bedingungen ausgesetzt. Solche Veränderungen können die Eigenschaften des Verfüllungsmaterials sowohl im makroskopischen wie auch im mikroskopischen Betrachtungsmassstab erheblich beeinflussen. Daher ist ein detailliertes Verständnis der thermo-hydro-mechanischen (THM) Entwicklung des Verfüllmaterials für die Bewertung der Langzeitsicherheit des gesamten Lagersystems unabdingbar.
Die im vorliegenden Bericht dokumentierten Forschungsarbeiten beziehen sich auf das Konzept eines geologischen Tiefenlagers für hochaktive Abfälle in der Schweiz und auf die damit verbundenen technischen Randbedingungen sowie die resultierenden Anforderungen an die Verfüllmaterialien. Die wissenschaftlichen Untersuchungen umfassen die geotechnische Charakterisierung des Bentonitgranulats unter besonderer Berücksichtigung von thermo-hydro-mechanisch gekoppelten Prozessen. Experimente zum Materialverhalten im makroskopischen wie auch mikroskopischen Betrachtungsmassstab bilden die Grundlage für die Entwicklung eines konzeptuellen Modells zum Wasserretentionsvermögen von granularem Bentonit, welches den mikrostrukturellen Veränderungen entlang verschiedener Sättigungspfade Rechnung trägt. Thematisch ist der Bericht in folgende fachtechnische Aspekte gegliedert: (i) das makroskopische Verhalten, (ii) die mikrostrukturelle Entwicklung und (iii) die modelltechnische Beschreibung des THM-Verhaltens von granularem Bentonit.
(i) Makroskopisches Verhalten: Zur Bewertung des Verhaltens von Wyoming Bentonitgranulat unter thermo-hydro-mechanischer Beanspruchung wurde eine systematische Methode verwendet. Unter Berücksichtigung einer Referenzkorngrössenverteilung wurden Experimente zur Charakterisierung des Quellpotenzials / Quelldrucks und des Kompressibilitätsverhaltens des Materials durchgeführt. Das Wasserrückhaltevermögen wurde anhand einer neuen technischen Entwicklung, der sogenannten "micro-cell"-Technik analysiert, welche die Wasserrückhalteeigenschaften durch Steuerung des Sättigungsgrads in den Aufsättigungs- und Trocknungszyklen mit einer sehr hohen Genauigkeit bestimmt. Diese initialen Analysen bilden die Grundlage für die Entwicklung neuer Methoden für Triaxial-Tests an erheblich quellendem Bentonitmaterial. Nach der Entwicklung/Kalibrierung eines neuartigen Doppelwand-Triaxial-Testsystems wurde das thermisch induzierte Belastungs-Verformungsverhalten des gesättigten und ungesättigten Verfüllungsmaterials und insbesondere das deviatorische Verhalten für einen weiten Saugspannungsbereich und unterschiedliche Manteldrücke untersucht. Dadurch kann die Auswirkung des hydraulischen Gradienten und der Temperatur auf die hydraulische Leitfähigkeit des gesättigten Verfüllmaterials bestimmt werden. Diese Experimente ergeben ein umfassendes Bild des thermo-hydro-mechanischen Verhaltens des Wyoming Bentonitgranulats unter standortspezifischen Bedingungen. Darüber hinaus wurde in einer Fallstudie eine alternative Einbringtechnik im Felslabor Grimsel untersucht.
(ii) Mikrostrukturelle Entwicklung: Mithilfe von konventionellen mikrostrukturellen Untersuchungsmethoden und einer speziell entwickelten "micro-cell" Apparatur wurde das Verständnis der strukturellen Entwicklung des Bentonitgefüges in Abhängigkeit von Sättigungszustand und Saugspannung erweitert. Dabei wurde der Zusammenhang zwischen der Veränderung des Wasserrückhaltevermögens und den mikrostrukturellen Gefügeänderungen qualitativ und quantitativ untersucht. Die Mikrostrukturanalyse zeigte einen klaren Übergang von einem Doppelstruktur- (im kompaktierten Zustand) zu einer mono-modalen Porenstruktur (single porosity – nach vollständiger Sättigung) mit einem irreversiblen Verhalten in Bezug auf das Wasserrückhaltevermögen (Erhöhung des Wasserretentionsvermögens). Die Analyse der Hydratisierung von reinen Smektit-Proben zeigte die Entwicklung einer aktiven Porosität in der Mikrostruktur an, die somit das makroskopische Verhalten des Bentonits beeinflusst. Weitere Untersuchungen umfassten die Analyse der Wasserrückhaltung und mikrostrukturellen Entwicklung von Wyoming Bentonit-Proben und von Illit-Proben. Dieser Vergleich bestätigte die Existenz einer aktiven (d. h. kapillar zugänglichen) Porosität innerhalb der Bentonit-Mikrostruktur, welche das Gefüge modifiziert, insbesondere wenn das Material eine vollständige Sättigung erreicht hat. Die Kombination dieser Informationen aus der gegenseitigen Wechselwirkung der aktiven Mikrostruktur und dem makroskopischen Verhalten von Bentonit ist ein wichtiger Faktor in der Bewertung des hydro-mechanischen Verhaltens des Verfüllmaterials.
(iii) Grundlagen / Modellierung: Nach der experimentellen Charakterisierung des Bentonitgranulats wurde ein konzeptionelles Modell zur Wasserrückhaltung entwickelt, um die Änderung in der Porenzahl und in der mikrostrukturellen Entwicklung während der Aufsättigung von Bentonitmaterial zu berücksichtigen. Das Modell wurde auf Grundlage eines elasto-plastischen Ansatzes entwickelt, der ein lineares, anisotropes Verfestigungsgesetz verwendet. Das Modell erzeugt Wasserrückhaltekurven für den gesamten Sättigungsbereich unter Annahme einer konstanten Porenzahl. Das Hysterese-Verhalten bei einem gegebenen Kompaktierungsgrad wurde unter Berücksichtigung der mikrostrukturellen Porenzahl bei unterschiedlichen Sättigungsstufen analysiert. Die dabei entwickelte Formel kann einen wesentlichen Beitrag zur konstitutiven Modellierung von stark quellenden Geomaterialien liefern.