Technical Report NTB 08-07

Effects of post-disposal gas generation in a repository for low- and intermediate-level waste sited in the Opalinus Clay of Northern Switzerland

Im Rahmen der Etappe 1 des «Sachplans geologische Tiefenlager» hat die Nagra den Opalinuston als mögliches Wirtgestein für ein geologisches Tiefenlager für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA) vorgeschlagen. Der Opalinuston hat wegen seiner geringen Durchlässigkeit eine sehr gute Barrierenwirkung. Da in einem SMA-Lager bedeutende Mengen an Gas erzeugt werden, muss aufgezeigt werden, dass trotz der geringen Gasdurchlässigkeit des Opalinustons das Gas entweichen kann ohne die radiologische Langzeitsicherheit des Tiefenlagers zu gefährden. Die vorliegende Studie enthält eine umfassende Bewertung der Fragestellung, wie sich die Produktion und der Transport von Gasen in einem SMA-Lager auf das Systemverhalten auswirken. Für diese Studie wird von einem SMA-Lager im Opalinuston der Nordschweiz in ca. 300 – 400 m Tiefe ausgegangen. Der Bericht enthält relevante Informationen zur Auslegung und zum Betrieb des SMA-Lagers sowie einen kurzen Überblick zum Abfallinventar und zu den erwarteten Gasmengen. Darüber hinaus werden die wissenschaftlichen Grundlagen zum Verständnis der Gastransportprozesse in den Untertagebauwerken sowie im umgebenden Wirtgestein erörtert und der Einfluss der Gasproduktion auf die Einschlusswirksamkeit des Barrierensystems betrachtet. Die in der vorliegenden Studie dargestellten Modellrechnungen wurden im Jahr 2005 begonnen und Ende 2007 abgeschlossen. Die Resultate der Modellrechnungen wurden genutzt, um die Auslegung des SMA-Lagers in Bezug auf die Gasakkumulation und den Transport zu optimieren. Insbesondere wurde eine Auslegungsvariante untersucht, bei der durch entsprechende Wahl des Verfüll- und Versiegelungsmaterials das Gas entlang des Zugangsstollens in die überliegenden Gesteinsformationen entweichen kann, ohne dass übermässig hohe Gasdrucke entstehen. 

Die Schätzung der Gasproduktion für das SMA-Lager beruht auf dem Abfallinventar für die bestehenden Kernkraftwerke bei einer angenommenen Betriebsdauer von 50 Jahren und den Abfällen aus Medizin, Industrie und Forschung bei einer Sammelperiode bis 2050 und geht von einer Gesamtmenge von ca. 40'000 t Stahl und anderen Metallen und von 2'200 t organischer Stoffe aus. Die vollständige Korrosion bzw. Degradation aller gasproduzierenden Abfälle führt zu einem Gesamtvolumen an Gas von ca. 20 – 30 Millionen Normkubikmetern. Die höchsten Gasproduktionsraten werden in der frühen Nachbetriebsphase innerhalb der ersten Jahrhunderte nach Lagerverschluss erwartet. Anschliessend nimmt die Gasproduktionsrate stetig ab, bis nach ca. 200'000 Jahren alle gasproduzierenden Stoffe abgebaut sind.  

Das gesamte Porenvolumen der verfüllten Lagerbauwerke im Opalinuston beträgt für dieses Inventar ca. 58'000 m3. Würde man die Gesamtmenge der produzierten Korrosions- und Degradationsgase hermetisch in diesem Porenvolumen einschliessen, so würde dies zu einem hohen Gasdruck führen. Im realen System wird dieses Gas jedoch zumindest teilweise durch das Wirtgestein freigesetzt, so dass der resultierende Gasdruck deutlich reduziert wird. Um den Gasdruck auch bei sehr geringer Durchlässigkeit des Wirtgesteins und/oder bei erhöhter Gasbildung klein zu halten, könnten spezielle Verfüll- und Versiegelungsmaterialien verwendet werden, wie beispielsweise hochporöse Mörtel zur Verfüllung der Einlagerungskavernen und Sand/Bentonitmischungen mit einem Bentonitanteil von 20 – 30 % für die Verschluss- und Versiegelungsbauwerke («Engineered Gas Transport System» – EGTS). Das EGTS bezweckt, die Gastransportkapazität der verfüllten Untertagebauwerke zu erhöhen, ohne die Radionuklid-Rückhaltefunktion der technischen Barrieren zu beeinträchtigen. Sand/Bentonitgemische mit geringem Bentonitanteil besitzen aufgrund ihres (mikro-)strukturellen Aufbaus eine geringe Wasserdurchlässigkeit und zeichnen sich gleichzeitig durch eine relativ hohe Gasdurchlässigkeit aus. 

Wegen der grossen Menge an Korrosions- und Degradationsgasen ist die Entwicklung von Gasüberdrücken in den verfüllten Lagerkavernen unvermeidlich. Mit Hilfe von numerischen Modellierungen wird in der vorliegenden Studie gezeigt, dass für die erwarteten Gasproduktionsraten die gewählte Lagerauslegung und für eine typische Gasdurchlässigkeit des Wirtgesteins der Gasüberdruck in den Kavernen unterhalb des Schwellendrucks für dilatanzkontrollierte Gasausbreitung bleibt (ca. 6.5 MPa für die angenommenen Standortbedingungen). Für solche Bedingungen müssten keine zusätzlichen technischen Massnahmen zur Gasabführung getroffen werden. Unter der Annahme konservativer Gasproduktionsraten oder wenn die Gasdurchlässigkeit des Gebirges sehr gering ist (kOPA ≤ 10-21 m2), könnte der Gasdruck über den Schwellendruck für dilatanzkontrollierte Gasausbreitung ansteigen. Dann wäre die Verwendung geeigneter Verfüll- und Versiegelungsmaterialen zur Gewährleistung der Freisetzung der Gase auch über den Zugangsstollen eine geeignete Massnahme, um den Gasdruck zu begrenzen. Modellrechnungen zeigen, dass mit einem solchen Konzept der Gasdruck in den Lagerkavernen begrenzt werden kann, so dass selbst in einem sehr geringdurchlässigen Wirtgestein der Überdruck gegenüber hydrostatischen Verhältnissen im Bereich von maximal 3 – 4 MPa liegt.  

Aufgrund der erhöhten Gasdrücke in den Lagerkavernen wird Porenwasser mit gelösten Radionukliden aus den Lagerkavernen in das Wirtgestein verdrängt. Der Gasdruck stellt eine zusätzliche treibende Kraft dar, die auch zu einer Verlängerung der Fliesswege im Wirtgestein führt. Dieses Phänomen wird verstärkt durch die Anisotropie der Permeabilität des Wirtgesteins. Das verdrängte Wasser verteilt sich weiträumig über den Grundriss des Lagers und strömt in die oberen und unteren Rahmengesteine. Anhand der Modellrechnungen werden im Wirtgestein spezifische Wasserflüsse von maximal 10-11 m/s in der frühen Gasproduktionsphase (< 1'000 Jahre nach Lagerverschluss) erwartet. Die Flüsse verringern sich stetig bis der Stofftransport in der Spätphase der Gasproduktion schliesslich diffusionsdominiert ist (spezifische Wasserflüsse typischerweise < 10-13 m/s nach mehreren 10'000 Jahren). Der Vergleich dieser Wasserflüsse mit den in den sicherheitstechnischen Betrachtungen verwendeten spezifischen Wasserflüssen zeigt, dass die Verdrängung von Porenwasser infolge der Gasüberdrücke zu keiner Beeinträchtigung der Langzeitsicherheit eines SMA-Lagers im Opalinuston führt.