Technical Report NTB 03-09
A Generic Procedure for the Assessment of the Effect of Concrete Admixtures on the Retention Behaviour of Cement for Radionuclides: Concept and Case Studies
Betonzusatzmittel sind unvermeidbare Bestandteile der Zemente, welche für die Abfallkonditionierung eingesetzt werden. Ebensowenig kann auf den Einsatz von Betonzusatzmitteln beim Bau von Untergrundkavernen für die geologische Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle verzichtet werden.
Der Einfluss von Betonzusatzmitteln auf die Sorption von Radionukliden an Zement – einer der zentralen Rückhaltemechanismen, welche die Isolation der Nuklide von der Biosphäre bewirken – ist noch weitgehend unerforscht. In der vorliegenden Arbeit wird ein Prüfverfahren in Form einer Checkliste vorgeschlagen, welches der Erkennung allfälliger negativer Einflüsse eines in Betracht zu ziehenden Betonzusatzmittels auf die Radionuklidsorption an Zement dienen soll. Das Prüfverfahren hat generischen Charakter und soll auf beliebige Betonzusatzmittel, welche in der Zukunft zum Einsatz kommen werden, anwendbar sein. Es fokussiert auf die folgenden hauptsächlichen Einflüsse der Betonzusatzmittel oder deren mögliche Transformationsprodukte: (i) Wechselwirkung zwischen Radionukliden und Betonzusatzmitteln in Lösung (Komplexierung) und (ii) Kompetition für Oberflächenbindungsstellen zwischen Betonzusatzmitteln und Radionukliden oder starker Liganden, welche auf der Zementoberfläche sorbieren. Das Prüfverfahren ist hierarchisch aufgebaut. Der Grad an Komplexität steigt mit zunehmender Tiefe der Abklärungen. Der Aufwand für die Beurteilung eines in Betracht zu ziehenden Betonzusatzmittels kann dadurch auf ein vernünftiges Minimum gebracht werden.
Parallel zur Entwicklung brauchbarer experimenteller Vorgehensweisen wurden in dieser Arbeit wenige ausgewählte Betonzusatzmittel, d. h. sulfonierte NaphthalinFormaldehyd-Kondensate, Ligninsulfonate und ein Verflüssiger, welcher am PSI bei der Abfallkonditionierung zum Einsatz kommt, dem vorgeschlagenen Prüfverfahren unterzogen. Der Einfluss dieser Betonzusatzmittel auf die Sorptionseigenschaften von Ni(II), Eu(III) und Th(IV) wurde durch Messungen an gehärteter Zementpaste (HCP) untersucht. Obwohl gezeigt werden konnte, dass diese Betonzusatzmittel mehrheitlich starke Assoziationseigenschaften zu Radionukliden haben, konnte kein negativer Einfluss auf die Radionuklidsorption unter realistischen Bedingungen, d. h. bei typischen Verhältnissen von HCP zu Porenwasser und typischen Verhältnissen von Betonzusatzmittel zu HCP, festgestellt werden. Ausser bei den Ligninsulfonaten konnte dieser Befund mit der starken Sorption der Betonzusatzmittel selbst an HCP, welche der Grössenordnung nach mit Hilfe eines Langmuir Sorptionsmodelles wiedergegeben werden konnte, erklärt werden. Infolge der Sorption der Betonzusatzmittel an HCP wird ihre Konzentration im Zementporenwasser derart stark abgesenkt, dass der Einfluss auf die Radionuklidsorption unbedeutend wird. Unter diesen Bedingungen sagt das Sorptionsmodell voraus, dass die Oberfläche von HCP nicht vollständig mit Betonzusatzmitteln gesättigt ist. Auf diese Weise lässt es sich verstehen, dass die Radionuklidsorption und die Sorption von α-Isosaccharinsäure an HCP nicht durch die Anwesenheit von Betonzusatzmitteln beeinflusst werden konnte. α Isosaccharinsäure ist ein starker Ligand, welcher in cellulosehaltigen Abfällen unter alkalischen Bedingungen gebildet wird. Chemische Transformationsreaktionen der Betonzusatzmittel wurden in dieser Arbeit nur am Rande untersucht. Nur im Fall von Ligninsulfonat wurde ein direkter Hinweis auf eine chemische Umwandlung der untersuchten Betonzusatzmittel gefunden. Die Auswirkungen dieser Reaktion auf die Radionuklidsorption bleiben aber unklar.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das vorgeschlagene Prüfverfahren geeignet ist, mögliche Auswirkungen von Betonzusatzmitteln auf das Rückhaltevermögen von Zement für Radionuklide in einem ersten Ansatz umfassend zu beurteilen. Unter Umständen wird aber mehr substanzspezifische Information gefragt sein; insbesondere in Fällen, in denen sich die Komplexität des Systems HCP – Betonzusatzmittel – Radionuklidsorption nicht in der hier vorgeschlagenen Vereinfachung darstellen lässt.