Wie wir das Grundwasser schützen


Der Schutz von Grundwasser ist ein Kern unserer Aufgabe. Gefährdet ein Tiefenlager unser Trinkwasser? Wir erklären die verschiedenen Arten von Grundwasser, und was wir darüber wissen.

Das Wichtigste in Kürze

– Die Nagra erforscht das Grundwasser seit Jahrzehnten.
– Die Nagra weiss viel über das Grundwasser und wie man es schützt.
– Ein Tiefenlager gefährdet unser Trinkwasser nicht.

Grundwasser spielt bei der Standortsuche für ein geologisches Tiefenlager eine wichtige Rolle. Es gilt zu verhindern, dass radioaktive Teilchen unser Grundwasser verseuchen. Deshalb wird das Lager in einer weitestgehend wasserundurchlässigen Gesteinsschicht gebaut, dem sogenannten Opalinuston. In der Öffentlichkeit sorgt der Schutz des Grundwassers immer wieder für Gesprächsbedarf: Letztes Jahr beispielsweise mit der Trinkwasser- und der Pestizid-Initiative.

Mitte Dezember 2021 wurde beim Zürcher Regierungsrat eine dringliche Interpellation eingereicht mit dem Titel «Tiefenlager und Tiefengrundwasser – ein noch nicht erforschter Nutzungskonflikt im Untergrund: abklären und dann entscheiden oder umgekehrt?»

Die Öffentlichkeit hat am Grundwasser also grosses Interesse. Mit diesem Artikel geben wir einen Überblick über unseren Kenntnisstand zum Grundwasser in der Nordostschweiz.

Grundwasser, Tiefengrundwasser, Trinkwasserreserven: Wovon sprechen wir?

Wenn im normalen Sprachgebrauch von Grundwasser die Rede ist, ist damit das oberflächennahe Grundwasser gemeint. Dieses nutzen wir in der Schweiz als Trinkwasser oder um Felder zu bewässern. Dieses Grundwasser befindet sich vor allem in den Ablagerungen der Eiszeiten. Solche Ablagerungen bestehen meist aus Kies und Sand und sind sehr wasserdurchlässig. In der Schweiz haben wir das Privileg, viel oberflächennahes Grundwasser zu haben, welches durch Niederschläge und Flusswasser nachgefüllt wird. Der allergrösste Teil unserer Trinkwasserreserven liegt also im oberflächennahen Grundwasser.

Grundwasser gibt es jedoch auch mehrere hundert Meter unter der Oberfläche. Hier spricht man von Tiefengrundwasser. Dieses fliesst vor allem in Rissen, sogenannten Klüften, im festen Gestein. Tiefengrundwasser unterscheidet sich vom oberflächennahen Grundwasser, weil es oft sehr lange in der Tiefe war: Es ist wärmer und hat meist sehr viele gelöste Mineralstoffe. So viele, dass Tiefengrundwässer meist salzig sind. Deshalb ist es in der Regel unmöglich, Tiefengrundwasser ohne aufwändige Wasseraufbereitung als Trinkwasser zu nutzen. Die bekannteste Ausnahme in der Nordostschweiz ist das ehemalige Mineralwasser Eglisau: Dabei handelte sich um ein Tiefengrundwasser in einer untiefen Gesteinsschicht.

Unser Trinkwasser und die verschiedenen Tiefengrundwässer, welche es in der Nordostschweiz gibt, sind weiträumig durch weitgehend wasserundurchlässige Gesteinsschichten voneinander getrennt.

Schematische Darstellung der verschiedenen Arten von Grundwasser inkl. Tiefenlager.

Verseucht das Tiefenlager das Grundwasser?

Radioaktive Teilchen dürfen unter keinen Umständen das Grundwasser verseuchen. Deshalb wird das Lager in einer weitestgehend wasserundurchlässigen Gesteinsschicht gebaut, dem sogenannten Opalinuston. Zudem ist der Opalinuston sein eigener Arzt: Würden sich Risse im Opalinuston bilden und Wasser eintreten, saugte das Tongestein das Wasser auf und würde die Risse selbst wieder verschliessen. Der Opalinuston verhindert also langfristig, dass fliessendes Grundwasser in Kontakt mit den Abfällen kommt.

Um das Tiefenlager im Opalinuston bauen zu können, bedarf es mehrerer Zugänge in die Tiefe. Diese müssen durch Gesteinsschichten mit Grundwasser gebaut werden – dies ist in allen drei möglichen Standortregionen der Fall. Solche Bauten durch Grundwasser sind aber heute Standard und dank spezieller bautechnischer Verfahren unproblematisch. Das Grundwasser wird beim Bauen und Betreiben der temporären Zugänge zum Tiefenlager nicht verunreinigt.

Kenntnisstand zum Tiefengrundwasser

Die Nagra kennt den Untergrund in den drei Standortregionen Jura Ost, Nördlich Lägern und Zürich Nordost inzwischen sehr gut. Zum Untergrund gehören auch die Gesteinsschichten mit den verschiedenen Tiefengrundwässern, mit welchen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Nagra seit vielen Jahren beschäftigen. Für die Standortsuche muss die Nagra das Grundwasser umfassend verstehen. Die Nagra untersuchte die tiefen Grundwässer erstmals in den 1980er-Jahren. Der Kenntnisstand hat sich seither laufend erhöht. Ende 2014 wurde ein umfassender Bericht über die Tiefengrundwässer der Nordschweiz veröffentlicht. Diesen Frühling erscheint ein neuer Bericht, welcher diese Datengrundlage aktualisiert.

Mit den Tiefbohrungen der letzten drei Jahre hat man auch das Tiefengrundwasser ausführlich untersucht. Das Bild, welches die Nagra von den Tiefengrundwässern der Nordostschweiz hatte, konnte im Wesentlichen bestätigt werden: Wir wissen, welche Schichten Tiefengrundwasser enthalten, kennen ihre Eigenschaften und können abschätzen, wie sie fliessen. Die Daten der Tiefbohrungen sind noch nicht abschliessend ausgewertet. Sobald die Daten vollständig ausgewertet sind, wird sich dieses Bild weiter schärfen. Die Realität bis ins letzte Detail darzustellen, ist jedoch auch dann nicht möglich. Das Gesamtsystem des Grundwassers in der Nordostschweiz gut zu verstehen jedoch schon.

Drohen durch das Tiefenlager Nutzungsverbote?

Das Trinkwasser an der Oberfläche sowie das Tiefengrundwasser werden nicht radioaktiv verseucht – hauptsächlich dank der dichten Opalinustonschicht. Das Grundwasser kann deshalb ohne Einschränkungen normal weiter genutzt werden. Sehr lokal wird die Nutzung des Untergrunds aber eingeschränkt: Auf wenigen Quadratkilometern werden die dichten Gesteinsschichten rund um das Tiefenlager streng geschützt. Die dichten Gesteinsschichten sind die Hauptsicherheitsbarriere des Tiefenlagers und dürfen nicht durchbohrt oder durch sonstige Nutzungen beeinträchtigt werden. Für diesen kleinen Bereich tief im Untergrund wird es Nutzungsverbote geben.

Fazit

Der Schutz von Grundwasser ist ein Kern unserer Aufgabe. Die Nagra erforscht seit den 1980er-Jahren die verschiedenen Grundwässer der Nordostschweiz. Der Kenntnisstand hat sich seither laufend erhöht. Das Tiefengrundwasser und oberflächennahes Grundwasser unterscheiden sich stark. Das Grundwasser wird strikt geschützt. Ein Tiefenlager führt zu keinen Nutzungsverboten für Trinkwasser. Einzig für die dichten Gesteinsschichten tief im Untergrund wird es lokale Nutzungsverbote geben.