Generalversammlung der Nagra in Bern


Verfahren zur Standortwahl ist vorbildlich und anspruchsvoll

«Der Weg, den die Schweiz bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle gewählt hat, ist vorbildlich und für alle Beteiligten anspruchsvoll zugleich», fasst VR-Präsidentin Corina Eichenberger das Geschäftsjahr 2015 an der Generalversammlung der Nagra zusammen. Der breite Einbezug von Bevölkerung, Behörden und Organisationen sowie das transparente, systematische und schrittweise Vorgehen sind zielführend und geben der Mitwirkung auch im internationalen Vergleich ein grosses Gewicht, betont sie.

An der heutigen Generalversammlung der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) liess Corina Eichenberger, Präsidentin des Verwaltungsrats, das Jahr 2015 Revue passieren. Im Januar hat die Nagra bekannt gegeben, dass sie von den sechs in Etappe 1 des Sachplans geologische Tiefenlager (SGT) vom Bundesrat bestätigten Standortgebieten die beiden Gebiete Jura Ost und Zürich Nordost zur weiteren Untersuchung in Etappe 3 vorschlägt. «Das war eine mutige, aber getreu dem Primat der Sicherheit auch die richtige Entscheidung“, gibt sich Eichenberger zuversichtlich. Gemäss SGT dürfen nur Gebiete zurückgestellt werden, die gegenüber den anderen eindeutige Nachteile haben. «Wenn ein Gebiet sicherheitstechnische Nachteile hat, macht es keinen Sinn, dieses weiter zu untersuchen.»

Das ENSI (Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat) machte im September 2015 publik, dass die Nagra Unterlagen zu ihren Vorschlägen nachreichen muss. Die Nachforderungen betreffen die Frage der sicherheitstechnischen Optimierung der Tiefenlage und sind insbesondere relevant für die Beurteilung, ob das Standortgebiet Nördlich Lägern in Etappe 3 weiter untersucht werden soll. «Noch wissen wir nicht, wohin die Gutachten führen», sagte Thomas Ernst, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Nagra. Die Nachforderungen werden im Juli 2016 eingereicht und veröffentlicht, das Ergebnis der Prüfung durch das ENSI wird im Frühjahr 2017 erwartet, der Entscheid des Bundesrats Ende 2018.

Im Hinblick auf Etappe 3 des SGT wurden im Winter 2015 / 16 in den Gebieten Jura Ost und Zürich Nordost 3D-seismische Messungen durchgeführt. Um für alle Fälle gerüstet zu sein und allfällige zeitliche Verzögerungen zu vermeiden führt die Nagra ab Herbst 2016 3D-seismische Messungen in Nördlich Lägern durch.
Weitere Ereignisse im Geschäftsjahr 2015 waren der Ausbau des FEBEX-Experiments («Full-Scale Engineered Barriers Experiment») im Mai im Felslabor Grimsel. Das Experiment hatte eine Versuchsdauer von 18 Jahren. Es handelt sich um das bisher einzige und längste Experiment eines 1:1-Lagerstollens für hochaktive Abfälle in der Tiefenlagerforschung. Zurzeit laufen umfassende Analysen der dabei gewonnenen Proben. Im Oktober feierte die neue Ausstellung «Zeitreise zum Tiefenlager» Premiere an der Herbstmesse in Schaffhausen. Die Ausstellung umfasst unter anderem einen Erlebnisteil mit einer Zeitreise in ein künftiges Tiefenlager mittels neuartiger Oculus-Technologie. Im Dezember schliesslich wurde die neue Organisation der Nagra für Etappe 3 bekannt gegeben. «Mit der neuen Struktur richten wir uns gezielt auf die kommenden Aufgaben der Standortwahl aus», sagt Ernst.