
e-Newsletter 2 – August 2020
Zu Besuch im Felslabor: Was hat Katzenstreu mit Atommüll zu tun?

Björk Isenschmid (13) möchte Geologin werden. Deshalb hat sie im Juli das Felslabor Grimsel besucht. Dort erfuhr sie auch, warum im Gang des Labors tonnenweise Säcke mit Katzenstreu stehen…
Schon heute denkt Björk Isenschmid (13) darüber nach, was sie morgen einmal werden möchte. Geologin steht bei ihr hoch im Kurs. Die Schülerin der 2. Bezirksschule in Wettingen interessiert sich für Erdwissenschaften und hat sich deshalb für eine Führung im Felslabor Grimsel angemeldet.

Zusammen mit 14 weiteren Gästen informiert sich Björk Isenschmid in dem 1730 Meter über dem Meer liegenden Forschungszentrum der Nagra über Gesteinsschichten, den Einfluss von Störungen im Erdreich und andere Untersuchungen. Sie erfährt, wie radioaktive Abfälle sicher entsorgt werden und welche Rolle Katzenstreu dabei spielt. «Die verbrauchten, radioaktiven Brennelemente aus den Kernkraftwerken kommen in Metallbehältern verpackt in das Tiefenlager. Zur Lagerung dieser Behälter werden die Stollen mit Bentonit verfüllt. Bentonit ist ein natürliches Tonmaterial, das viel Wasser aufnehmen und aufquellen kann. Wegen dieser Eigenschaften wird es nicht nur zur Stollenverfüllung verwendet, sondern auch als Katzenstreu. So werden die Abfälle sicher im Stollen eingeschlossen», erklärt Patrick Burgert von der Nagra. Im Felslabor untersucht die Nagra nun, ob und wie sich der Bentonit verändert, wenn er erhitzt wird. Dieser Frage geht die Nagra nicht ohne Grund nach: Die Metallbehälter mit den verbrauchten Brennelementen strahlen nämlich noch lange Wärme aus. Dieses Experiment ist nur eines von vielen im Felslabor Grimsel. Alle sollen dazu beitragen, ein langfristig sicheres Tiefenlager zu bauen.
«Wir sind umgeben von zirka 300 Millionen Jahre altem Granit. Hier untersuchen wir gemeinsam mit internationalen Partnern, welche technischen und geologischen Voraussetzungen es benötigt, um radioaktiven Abfall für eine Million Jahre sicher zu entsorgen. Sie merken, die Geologie tief im Berg folgt einer eigenen, gigantischen Zeitrechnung», erläutert Patrick Burgert und scherzt: «Da entsprechen ein paar tausend Jahre nicht mehr als einem Wimpernschlag».



Gruppenführungen im Felslabor Grimsel werden zwischen Juni und Oktober angeboten. Interessierte können sich bei Renate Spitznagel melden:
renate.spitznagel@nagra.ch
Aktuelles zu den Tiefbohrungen

Zürich Nordost
«In fünf Monaten haben wir bis in eine Tiefe von 1100 Metern gebohrt und zahlreiche Gesteinsproben entnommen. Mit den bisherigen Resultaten sind wir zufrieden, das Bild vervollständigt sich», sagt Philipp Senn, stellvertretender Leiter Öffentlichkeitsarbeit bei der Nagra, zum Abschluss der Tiefbohrung Marthalen in der Region Zürich Nordost. Senn zieht ein positives erstes Fazit: Der Opalinuston sei auch in Marthalen über 100 Meter dick, sehr dicht und eigne sich daher für ein Tiefenlager. «Die bisherigen Resultate der Bohrungen in Trüllikon und Marthalen, die frühere Bohrung in Benken und weitere durchgeführte Untersuchungen geben uns einen guten Überblick über die Standortregion Zürich Nordost», so Senn. «Das grosse Bild steht jetzt. Zu klären gibt es allenfalls noch Details», sagt Senn. Mehrere Labore analysieren nun die Gesteinsproben aus Marthalen. Besonders im Fokus steht dabei das Wirtgestein Opalinuston, in dem das Tiefenlager dereinst gebaut wird.
Sobald die Laborresultate vorliegen, wird entschieden, ob es weitere Bohrungen in Zürich Nordost braucht. Zur Diskussion steht eine Bohrung in Rheinau. Dort existieren bestimmte Störungen im Untergrund. Ob der Einfluss dieser Störungen mit einer Bohrung in Rheinau oder anderweitig geklärt wird, ist aber noch nicht entschieden.
Nördlich Lägern

Nach der Bohrung in Bülach bohrt die Nagra in der Region Nördlich Lägern nun in der Gemeinde Stadel und zwar an zwei Orten: Im Hasliboden (Stadel-3) und im Steinacher (Stadel-2). Damit für den Bohrbetrieb gegen Ende Jahr alles bereit ist, laufen die Bauarbeiten auf den zwei Bohrplätzen bereits jetzt auf Hochtouren. Im Hasliboden ist das 40 Meter tiefe Standrohr, welches während der Bohrung das Grundwasser schützt, bereits eingebaut. Der Bohrkeller, auf welchem das Bohrgerät im Herbst zu stehen kommt, ist betoniert und die Kabelkanäle sind bereit, die Vielzahl an Kabeln aufzunehmen, die es für den Betrieb der Bohranlage braucht. Im Gebiet Steinacher ist man noch weniger weit. Die Bauarbeiten haben Anfang Juli begonnen und schreiten planmässig voran. Beim Bau eines Bohrplatzes sind viele Details zu beachten, neben den betrieblichen Anforderungen beispielsweise die Amphibienpopulation im Hasliboden: Um zu verhindern, dass Frösche oder Kröten zu Schaden kommen, wird rund um den Bohrplatz ein Amphibienschutzzaun gebaut. Beim Bohrplatz im Steinacher sind umfangreiche Lärmschutzmassnahmen vorgesehen, so unter anderem eine Lärmschutzwand. Mit Lärmmessungen stellt die Nagra sicher, dass die geltenden Grenzwerte eingehalten werden.
Jura Ost
In der Region Jura Ost in der Gemeinde Bözberg bohrt die Nagra zurzeit an zwei Orten: Die erste Tiefbohrung bei Ursprung (Bözberg-1) läuft bereits seit Ende April, die zweite Bohrung im Gebiet Riedacker (Bözberg-2) startete Mitte August. Philipp Senn zeigt sich mit dem Bohrfortschritt zufrieden: «Bei der Bohrung Bözberg-1 befinden wir uns momentan in einer Tiefe von rund 700 Metern, bereits unterhalb der Gesteinsschicht Opalinuston. Bisher konnten wir während der gesamten Bohrung gute Gesteinsproben gewinnen und alle geplanten Tests im Bohrloch durchführen.» Im Riedacker hat sich das Bohrgerät bereits bis in eine Tiefe von rund 370 Metern gefressen auch hier verlaufen die Arbeiten nach Plan.
Für alle, die einmal ein Bohrgerät aus nächster Nähe sehen möchten: Auf beiden Bohrplätzen gibt es einen Infopavillon mit Aussichtsplattform. Die Plattform ist rund um die Uhr geöffnet. Gruppen erhalten auf Anfrage kostenlos eine Führung (info@nagra.ch oder via 056 437 11 11).
Zwischenstation Verpackungsanlage
Hier warten gleich zwei Videos auf Sie. Im erstem Film geht es um die Verpackungsanlage für abgebrannte Brennelemente, kurz BEVA. Dort werden radioaktive Abfälle umverpackt, bevor sie ins Tiefenlager gebracht werden können.
Die meisten hochaktiven Abfälle der Schweiz lagern zurzeit verpackt in Behältern im Zwischenlager in Würenlingen. Werfen Sie im zweiten Video einen Blick hinter die Kulissen:
Diskutiert wird zurzeit, wo diese Anlage stehen könnte: direkt beim Tiefenlager oder an einem völlig anderen externen Ort?
Felslabor zum Zuhören
«Wie könnte ein Endlager für Atommüll aussehen?» Um diese Frage zu beantworten, besuchte uns Verena Tang vom Spektrum der Wissenschaften im Felslabor Mont Terri. Was die Redakteurin dabei erlebte, erzählt sie ab Minute 20 des Podcasts.